Strategisches Marketing
Einleitung
Das strategische Marketing ist Teil des strategischen Managements und stellt einen Funktionsbereich innerhalb des Zielsystems von Bibliotheken dar. Damit stellt das strategische Marketing einen entscheidenden ersten Schritt des Marketings dar und bezieht sich auf alle Austauschprozesse zwischen Unternehmen und Markt – Kunden und Wettbewerb.[1]
Marktanalyse und Bibliotheksprofil stellen die Basis für Ober- und Marketingziele dar, die auf die einzelnen Geschäftsfelder sowie den Marketing-Mix angewendet werden. Über das Mission Statement und das Leitbild lässt sich ein Unternehmens- bzw. Bibliotheksprofil entwickeln und zu einer Marke verdichten (Markenentwicklung). Anschließend wird dieses Profil in dem Zielsystem der Bibliothek implementiert und im operativen Marketing umgesetzt.
Zielsystem Öffentlicher Bibliotheken
Nach Meffert, Burmann u. Kirchgeorg 2008: 240 ; Schade, Umlauf 2012: 152
Bereits diese Einleitung macht deutlich, dass das strategische Marketing zahlreiche Methoden und Techniken notwendig macht, die in den verschiedenen Beiträgen des Marketingbaukastens noch einmal separat vertieft werden. Diese Redundanzen sind in diesem Marketingbaukasten aber notwendig und gewollt.
Das Bibliotheksprofil: Mission Statement und Leitbild
Ein Unternehmensprofil dient dazu, Auftrag, Anspruch und Angebot eines Unternehmens konzeptuell zu erfassen und ist darüber hinaus Grundlage für die Entwicklung des Ziel- und Strategiesystem in Unternehmen. Übertragen auf Bibliotheken bedeutet dies, das Selbstverständnis der Bibliothek und ihren gesellschaftlichen Auftrag eindeutig zu formulieren. Damit beinhaltet es die langfristigen Visionen, Werte und Ziele der eigenen Bibliothek.[2]
Formuliert werden diese in einem Leitbild und einem Mission Statement, wobei das Leitbild eher nach innen gerichtet ist, sich also vor allem an die Mitarbeiter richtet, während das Mission Statement auch als kommunikative Leitidee angesehen werden kann und sich somit primär an die Stakeholder, u.a. Kunden, Unterhaltsträger sowie die breite Öffentlichkeit wendet (Markenkommunikation).[3]
In einem Mission Statement sollen kurz und prägnant die Fragen
- Wer sind wir?,
- Was tun wir?,
- Wem nützen wir? Und
- Wo wirken wir?[4]
beantwortet und darüber die Unternehmens- bzw. Bibliotheksmarke erarbeitet werden. Kurze Sätze sowie prägnante und eindeutige Aussagen helfen, die Werte und Ziele eines Unternehmens / einer Bibliothek so zu formulieren, dass Alleinstellungsmerkmal(e) und positive Differenzierungen gegenüber Wettbewerbern eindeutig kommuniziert werden können.
Bibliotheken fällt es vielfach schwer, ihr Mission Statement in dieser Weise zu formulieren. Best Practice finden sich vor allem in den USA, wo die Formulierung von Mission Statements und Leitbildern für Unternehmen und andere Organisationen Standard ist.
Beispiel: Mission Statement New York Public Library
http://www.nypl.org/help/about-nypl
Ein Leitbild richtet sich – im Gegensatz zum Mission Statement – primär nach innen und an die eigenen Mitarbeiter. Es formuliert die wichtigsten und vor allem langfristigen sowie dauerhaften Werte und Ziele einer Organisation.[5] Schließlich bringt es das gemeinsame Verständnis eines Unternehmens / einer Bibliothek zum Ausdruck.[6] Zentraler Aspekt ist, dass das Leitbild bottum-up, also möglichst von vielen Mitarbeitern gemeinsam entwickelt wird. Die Bibliotheksleitung sollte dabei keine gesonderte Rolle in diesem Prozess einnehmen, sich ggf. aus dem Prozess weitestgehend heraus halten, um eine Leitbildgenese überhaupt zu ermöglichen.[7] Eine externe Moderation kann diesen Prozess befördern. Ein Leitbild zielt auf Konsens innerhalb des Unternehmens ab und sollte später auch gelebt werden können. Deshalb ist es häufig nicht so prägnant formuliert wie ein Mission Statement.
Bibliotheken entwickeln inzwischen zwar häufig Leitbilder, doch werden diese bisher selten mit einem systematischen Marketing-Ansatz verknüpft.
Markenentwicklung und Markenführung
Das Bibliotheksprofil sollte in der Bibliotheksmarke verdichtet werden, um sicher zu stellen, dass die Erwartungen, die über das Profil geweckt werden, auch konsequent im Marketing-Management umgesetzt werden können.
Eine Marke ist ein Qualitätsversprechen, das ein fest verankertes Vorstellungsbild von dem Unternehmen an sich (Unternehmensmarke) sowie seinen Produkten bzw. Dienstleistungen (Produktmarke, Dienstleistungsmarke) erzeugen und sowohl den Zielgruppen als auch dem Unternehmen entsprechenden Nutzen bringen bringt.[8] Einer Bibliotheksmarke kommt die gleiche Bedeutung zu, auch wenn ihre Entwicklung eine hohe Herausforderung darstellt, da sie gleichzeitg den Anforderungen an das Dienstleistungs- und das Non-Profit-Marketing genügen muss.
Marken kommt in der Rezeption eine Informations-, Orientierungs- und Vertrauensfunktion zu, d.h. sie sollen bei Kunden zu kognitiver Entlastung – Mental Convenience – in Entscheidungssituationen führen, z.B. beim Kauf von Produkten oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen.[9] Sie müssen daher Differenzierbarkeit gegenüber anderen Marken aufweisen, im Idealfall einzigartig sein und ein Alleinstellungsmerkmal aufweisen. Im Idealfall kommunizieren Marken sowohl rational als auch emotional.[10] Zudem sind Marken häufig Chiffren der eigenen Lebensstilorientierung und der dazugehörigen Einstellungen und Werteorientierung; indem sie zur Abgrenzung oder Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen dienen.
Für Bibliotheken ist es eine Herausforderung, Bibliotheksmarken in dieser Weise zu entwickeln, insbesondere wenn man das breite Zielgruppenspektrum betrachtet. Marken werden in der Regel anhand von Modellen entwickelt. Die Funktion des Markenmodells liegt dabei in seiner Verdichtung, die gewährleisten soll, dass die Marke in der Markenpositionierung konsistent und einfach gesendet und im Marketing-Mix konsequent umgesetzt werden kann. (Markenentwicklung und –kommunikation).
Ziel von Markenarchitekturen ist es, das Markenportfolio von Unternehmen mit einer inneren Logik auszustatten. Unternehmen verfügen im Allgemeinen über eine Vielzahl von Marken, das sogenannte Markenportfolio. Und dieses Markenportfolio sollte einer Logik folgen, um zwischen den einzelnen Marken Synergien und (Image-)Transfereffekte zu erzielen.
In der Praxis kennt man verschiedene Markenarchitekturmodelle. Sie reichen von Einzelmarkenstrategien – eigenständigen Marken -, bei denen die Herkunft der Marke eine völlig untergeordnete Rolle spielt, z.B. Colgate, bis hin zu Dachmarkenkonzepten, wo Produkte und Dienstleistungen nicht oder kaum als eigenständige Marken wahrgenommen werden. Zahlreiche Banken, Versicherungen und andere Dienstleister verwenden letzteres Markenkonzept. Man spricht hier auch von dem Branded House-Konzept.[11]
Markenarchitekturkonzepte
Nach ebd.: 2. ; Schade, Umlauf 2012: 161
Bibliotheken sind üblicherweise in der Gestaltung ihrer Markenarchitektur nicht frei, da sowohl kommunale Träger als auch Hochschulen meistens geschlossene Markenarchitekturen verwenden. Aus Sicht der Träger ist dies nachvollziehbar; für Öffentliche Bibliotheken aber nicht vorteilhaft, da in diesem Konzept dann Stadtreinigung, Bibliothek, Volkshochschule und Stadtverwaltungund unter denselben Identitätsmerkmalen in einem einheitlichen Markenauftritt geführt werden. Dies verhindert, dass sich die Einrichtungen entsprechend ihrer Aufgaben, Angebote, Zielsetzungen und Zielgruppen nicht individuell und einzigartig darstellen und kommunizieren können. Auf der anderen Seite kann eine Bibliothek natürlich auch von einem solchen Markenkonzept profitieren, da sie auf die Intrastruktur, die Profilierungsstrategie sowie das Marketing des Trägers zurückgreifen kann. (Markenarchitekturen)
Oberziele, strategische Geschäftsfelder und Marketingziele
Hinsichtlich der strategischen Unternehmensplanung kommt es bei Zielbildungsprozessen in Bibliotheken nicht nur darauf an, wohlfahrtsorientierte Zielsetzungen zu formulieren, sondern im Hinblick auf das Marketing auch darauf, zu zeigen, wie man sich zu dem Wettbewerbsumfeld und in Bezug auf Kunden positioniert. Insbesondere in der zunehmenden Finanzierungskonkurrenz mit anderen öffentlich finanzierten Einrichtungen, ist es für eine Bibliothek nicht unerheblich, zu zeigen, welche Position sie in der Kultur- und Bildungslandschaft erreichen möchte, indem sie z.B. Aussagen über ihre Marktgeltung, Marktdurchdringung und ggf. auch zu Marktanteilen trifft. Im folgenden werden die verschiedenen Basiskategorien für Unternehmensziele im Hinblick auf dem Markt vorgestellt.
Oberziele
Oberziele geben einen Orientierungs- und Handlungsrahmen vor, an dem sich das Zielsystem eines Unternehmens auf den verschiedenen Zielebenen konkretisiert. Die Basiskategorien für die Oberziele sind:
- Marktleistungsziele,
- Marktstellungsziele,
- Rentabilitätsziele,
- Finanzielle Ziele,
- Macht- und Prestigeziele,
- Soziale Ziele,
- Umweltziele.[12]
Für (Öffentliche) Bibliotheken sind diese Kategorien zu ergänzen um den gesellschaftlichen Auftrag. Rentabiblitäts- und finanzielle Ziele dagegen werden auch für Bibliotheken immer wichtiger und sollten daher nicht vernachlässigt werden.
Gesellschaftsorientierte Ziele bringen auf den Punkt, welche sozialen, kulturellen und Bildungsziele Bibliotheken erfüllen.
Beispiel: „Bibliotheken ’93“.
„Die Bibliothek für den Grundbedarf ist Drehscheibe der Information, Lern- und Arbeitsinstrument und Forum für alle. Sie erkundet die jeweiligen Informationsbedürfnisse und geht mit entsprechenden Dienstleistungen auf Zielgruppen zu.
Bibliotheken für den Grundbedarf haben folgende Funktionen:
- professionelle und systematische Befriedigung der Informationsbedürfnisse der gesamten Bevölkerung, insbesondere für
- Teilnahme am öffentlichen Leben,
- Bürgerschaftliches und politisches Engagement,
- Schulische und berufliche Ausbildung,
- Persönlichkeitsentwicklung und Sinnorientierung,
- Alltagsmanagement,
- Hobby und Freizeit, […]“[13]
Marktleistungsziele machen Aussagen zur Dienstleistungsqualität sowie zur Innovationskraft der Bibliothek.
Beispiel: Leitlinien für Entscheider, dem Supplement zum Positionspapier „21 gute Gründe für gute Bibliotheken“
„Zugänglichkeit
Die Öffnungsstunden einer kommunalen Bibliothek umfassen mindestens 75 % der durchschnittlichen Öffnungsstunden des örtlichen Einzelhandels.[14]
Raumangebot
Mindestens 60 m² pro 1000 Einwohner des Einzugsgebietes stehen als Raumangebot für den öffentlichen Ort Bibliothek zur Verfügung.“[15]
Marktstellungsziele beziehen sich auf die Wettbewerbsfähigkeit einer Bibliothek im kommunalen Kontext und treffen damit Aussagen u.a. über die Nachfrage nach den angebotenen Leistungen. Inzwischen geben Positionspapiere dazu auch Hinweise:
Beispiele: „Bibliothek 2007“ und „21 gute Gründe für gute Bibliotheken“
„Indikator für die Akzeptanz des Angebots durch Schülerinnen und Schüler:
Mindestens 60% der Schüler einer Kommune sind aktive Nutzer der Öffentlichen Bibliothek.“[16]
Macht- und Prestigeziele stellen bei Bibliotheken die Profilierung des Bibliotheksimages und / oder die Steigerung des gesellschaftlichen Einflusses in den Mittelpunkt. Ziel ist es hier, als einzigartig, unverwechselbar, vertrauenswürdig und unverzichtbar in der Erfüllung des öffentlichen Auftrages wahrgenommen zu werden.[17]
Soziale Ziele b eziehen sich z.B. auf Arbeitszufriedenheit, Mitarbeitermotivation und Gleichberechtigung von Mitarbeitergruppen und Sicherheit des Arbeitsplatzes. In Positionspapieren werden kaum Aussagen zu sozialen Zielsetzungen getroffen.
Beispiel: Städtische Bibliotheken Dresden
„In den Städtischen Bibliotheken Dresden werden derzeit jeweils vier Personen in drei Ausbildungsjahren zur/zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Bibliothek ausgebildet. […] Um Auszubildenden die Möglichkeit zu bieten, ihre bereits erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten unter Beweis zu stellen sowie verantwortungsvoll und selbstständig zu handeln, wurde 2007 ein vierwöchiges Projekt erprobt, in dessen Rahmen die Auszubildenden die medien@age leiten und alle in dieser Zeit dort anfallenden Arbeiten unter eigener Regie durchführen. […] Eine Entscheidung über die Fortführung in den kommenden Jahren wird Anfang 2008 getroffen.“[18]
Finanzielle Zielsetzungen öffentlich finanzierter Einrichtungen haben dahingehend eine Bedeutung, dass sie den Anspruch auf allgemeine Grundsicherung durch den Träger untermauern und / oder die Steigerung des Selbstfinanzierungsgrades in Form von Spenden-, Sponsoren- und / oder Fördergeldern artikulieren.[19]
Rentabilitätsziele berücksichtigen z.B. einen effizienten Ressourceneinsatz sowie eine mögliche Steigerung der Produktivität durch die Optimierung von Prozessen im Rahmen eines Qualitätsmaangements.
Beispiel: Städtische Bibliotheken Dresden
„Als eine nach modernen Verwaltungsverfahren budgetiert arbeitende Einrichtung streben die Städtischen Bibliotheken [Dresden] danach, mit Hilfe eines abgestimmten Controllingkonzeptes und den Werkzeugen der Kosten- und Leistungsrechnung das Budget so einzusetzen, dass der größtmögliche Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt entsteht. [20]
Ökologische Zielsetzungen gewinnen durch steigendes gesellschaftspolitisches Engagement und Umweltbewusstsein auch für Bibliotheken an Bedeutung, wobei diese Zielsetzungen über gesetzliche Vorgaben hinaus gehen sollten, da inzwischen von vielen Zielgruppen ein nachhaltiges Handeln erwartet wird.
Beispiel: Universitätsbibliothek Hildesheim
„Ziel ist es, den Energieverbrauch technisch um bis zu 35 bis 45 Prozent zu senken. Damit kann die Universitätsbibliothek Hildesheim zu einem Modell für weitere öffentliche Gebäude werden, wie Energie in Altbauten eingespart werden kann.“[21]
Essenziell bei der Formulierung übergeordneter Ziele ist, dass diese konkret auf den (öffentlichen) Auftrag, ggf.in die Einordnung der Kultur- und Bildungslandschaft und auf die Nachfragestruktur der Bibliothek im kommunalen Kontext / Hochschulkontext bezogen werden müssen. Zielsetzungen, basierend auf Standards bibliothekarischer Planungs- und Positionspapiere, können nur dann eine Richtlinie sein und müssen anhand der Profilierung und übergeordneten Zielsetzung der eigenen Bibliothek und im Kontext des Trägers überprüft bzw. modifiziert werden, um sie dann auf die verschiedenen Funktionsbereiche der Bibliothek abzuleiten. Und sie müssen so formuliert werden, dass sie auf die verschiedenen Ebenen des Zielsystems hin operationalisiert werden können.[22]
Übergeordnete Ziele können nur allgemein formuliert werden und geben eine generelle Stoßrichtung vor. Aus ihnen müssen sich die Entscheidungen für die verschiedenen Bereiche, Funktionen und Aufgaben der Bibliothek und der ihr folgenden Zielebenen ableiten lassen.
Öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken haben durch ihre ideellen, wohlfahrtsorientierten Ziele eine höhere Zielpluralität als Unternehmen, die vor allem absatzorientiert handeln. Zudem ist ihre Kundenstruktur heterogener, da nicht nur Kunden, sondern auch die Verwaltung und politische Gremien, die Öffentlichkeit, weitere Stakeholder und Geldgeber von dem Angebot der Bibliothek überzeugt werden müssen. Deshalb kommt es häufiger zu Zielkonflikten innerhalb des Marketings aber auch mit anderen Managementaufgaben der Bibliothek und der Erfolg ist nicht monetär messbar. Hinsichtlich der Aufstellung eines Marketingzielsystems hat das Marketing-Controlling daher eine wichtige beratende Funktion bei der Operationalisierbarkeit, Durchführbarkeit und Kontrollierbarkeit von Zielen des Marketings, da es auch die langfristige Planung und Kontrolle der Erfolgspotenziale eines Unternehmens / einer Bibliothek betrachtet. Es unterstützt somit die Anpassungsfähigkeit z.B. einer Bibliothek in einem zunehmend durch Veränderungen geprägten Umfeld. (Marketing-Controlling)
Die Balanced Scorecard ist ein Konzept zur Planung, Kontrolle und Leitung eines Unternehmens, das dabei unterstützt, Unternehmensziele ausgewogenen zu formulieren, Zielkonflikte zu vermeiden und den Grad der Zielerreichung in Kennzahlen darzustellen.
Die Kennzahlen in einer Balanced Scorecard (BSC) (Marketing-Controlling) sind hier hilfreich, da sie dazu dienen, „messbare Größen für die Erreichung strategischer Ziele des Unternehmens zu formulieren und damit die Grundlage für die strategische Kontrolle legen. Gleichzeitig dienen sie als Ausgangspunkt zur Ableitung konkreter Maßnahmen der Strategierealisierung.“[23] „In der klassischen BSC werden vier zentrale, miteinander verzahnte Strategiebereiche betrachtet, welche insgesamt als hauptverantwortlich für den Erfolg eines Unternehmens angesehen werden:
- Finanzen: Definition monetärer Ziele und Kennzahlen […]
- Kunden: Definition kundenbezogener Ziele und Kennzahlen (z. B. Imageziele)
- Interne Prozesse: Definition prozessbezogener Ziele und Kennzahlen (z. B. Maximalwerte für Lieferzeiten)
- Lernen und Entwicklung: Definition potenzialbezogener Ziele und Kennzahlen (z. B. Ausbildungsziele für Mitarbeiter mit Kundenkontakt).“[24]
Eine Balanced Scorecard wird nach folgender Vorgehensweise erstellt: [25]
Vision identifizieren | Welchen Auftrag und Hauptziele hat die Bibliothek? |
Strategie definieren: | Welche Strategie wird verfolgt? Welche Schwerpunkte werden gesetzt? |
Zielgerichtete und kritische Erfolgsfaktoren erarbeiten und festlegen | Was muss die Bibliothek in jeder Perspektive gut können? |
Kennzahlen definieren | Was muss gemessen werden? |
Balanced Scorecard auswerten | Wie wird die Balanced Scorecard ausgewertet? |
Aktitvitätspläne erstellen | Welche Aktivitäten müssen eingeleitet werden, um Ziele zu erreichen? |
Management und Weiterentwicklung der Balandced Scorecard | Wie wird die Balanced Scorecard aktualisiert, gepflegt und weiterentwickelt? |
Balanced Scorecard
Weis, Christian: Marketing 2010, S. 257
Die Balanced Scorecard kann als Instrument auf strategischer und operativer Ebene zum Einsatz kommen; auf die gesamte Organisation oder Teilbereiche und strategische Geschäftsfelder angewandt werden.
Strategische Geschäftsfelder
Unter strategischen Geschäftsfeldern versteht man die Zusammenfassung von Produkten und Dienstleistungen mit gleichartigen Merkmalen.[26] Bei Bibliotheken können dies die verschiedenen Abteilungen der Bibliothek, zum Beispiel die Erwachsenen-, die Jugend-, die Kinder- oder die Musikbibliothek, Zweigstellen oder auch die Differenzierung der Bibliothek nach verschiedenen Rollen bzw. Funktionen sein. Derartige Rollen von Bibliotheken sind z.B. die informationslogistischen Rollen: Kommunaler Treffpunkt, Kommunales Infozentrum, Bildungs- und Ausbildungsunterstützung, Individuelles Bildungszentrum, Zentrum populärer Medien, Tor zum Lernen für Schüler, Auskünfte und Alltagsinfos und Forschungszentrum.[27]
Dabei wird der enge Zusammenhang von strategischen Geschäftsfeldern und der Zielgruppensegmentierung Öffentlicher Bibliotheken deutlich, der auf die hohe Relevanz einer genauen Zielgruppenbeschreibung verweist.[28] Heterogenität nach außen), z.B. Kinder- und Jugendbibliothek sowie Erwachsenenbibliothek. Zudem sollten Produkte und Dienstleistungen ähnliche Merkmale und Umfeldumgebungen aufweisen, damit sie im Dienstleistungsportfolio der Bibliothek gemeinsam gesteuert werden können (Homogenität nach innen), z.B. gedruckte Medien, E-Books etc.[29] Es ist jedoch vielfach schwierig, beide Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen, da sie sich in gewisser Weise sogar widersprechen, da die Homogenität nach innen eher zu Kleinteiligkeit zwingt,, z.B. Brettspiele, Konsolenspiele, während die Wahrnehmung autonomer Marktaufgaben eher eine breite Fassung erforderlich macht, z.B. Spielebestand in der Kinder- und Jugendbibliothek sowie Erwachsenenbibliothek. Auch wenn die Definition von strategischen Geschäftsfeldern für Bibliotheken problematisch erscheinen mag, so ist sie jedoch notwendig, um nachfrageorientierte Angebote zielgruppenspezifisch unterbreiten zu können.
Folgendes Beispiel zeigt in einem Auszug beispielhaft, wie strategische Geschäftsfelder für Öffentliche Bibliotheken entwickelt werden können.[30]
SGFI | SGFII | Programmlinien | ||
---|---|---|---|---|
Bibliothek | Kinderbibliothek | Sachbuchbestand | Sachgruppen | Bücher, E-Books, Hörbücher, DVDs, CD, CD-ROMs, Videos … |
Kinder- und Jugendliteratur | Sachgruppen/ Interessenkreise | Bücher, E-Books, DVDs, Hörbücher, … | ||
Spielebestand | Brettspiele, Konsolenspiele … | |||
Musikbestand | Musikstil / Genre | DVDs, CDs, … | ||
Veranstaltungen | Veranstaltungsreihen | Einzelveranstaltungen | ||
Online Ressourcen | Datenbankprofil | |||
Informationsdienstleistungen | Auskunfts- und Beratungsdienst | |||
Bibliografische Dienstleistungen | Neuerwerbungslisten, Medienzusammenstellungen, Auswahlverzeichnisse | |||
Erwachsenenbibliothek | Sachbuchbestand | Sachgruppen | Bücher, E-Books, Hörbücher, DVDs, CDs, CD-ROMs, Videos … | |
Belletristik | Alphabetische Aufstellung | Bücher, E-Books, Hörbücher, DVDs, CDs, CD-ROMs, Videos … | ||
Interessenkreise | Bücher, E-Books, Hörbücher, DVDs, CDs, CD-ROMs, Videos … | |||
Zeitschriften | ||||
Zeitungen | ||||
Spezielle Bereiche, z. B. Krimibibliothek | Krimis | Bücher, E-Books, Hörbücher, DVDs, Videos, Comics …. | ||
Graphothek | Holzschnitte, Lithografien, Siebdruck … | |||
Veranstaltungsprogramm | Veranstaltungsreihen | Einzelveranstaltungen | ||
Onlineressourcen | Datenbankprofil, Profil der Netzpublikationen … | |||
Informationsdienstleistungen | Auskunfts- und Beratungsdienst | Neuerwerbungslisten, Medienzusammenstellungen, Auswahlverzeichnisse | ||
Bibliografische Dienstleistungen |
Marketingziele
Marketingziele formulieren im Hinblick auf die avisiersten Zielgruppen und die Marktstellung der Bibliothek in der Kommune, was durch den Einsatz der Marketinginstrumente im Marketing-Mix erreicht werden soll.[31]
Marketingziele leiten sich aus den übergeordneten Zielen der Bibliothek ab und müssen sich konkret auf die strategischen Geschäftsfelder und die dafür definierten Zielgruppen beziehen. Man unterscheidet ökonomische und psychografische Marketingziele. Ökonomische Ziele beziehen sich z.B. auf Umsatz, Gewinn, Rentabilität und Deckungsbeitrag, psychografische Marketingziele beziehnen sich z.B. auf die Erhöhung des Bekanntheitsgrades von Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens, das Image, die Einstellungen zu Produkten, Dienstleistungen und zum Unternehmen sowie die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.[32] Naturgemäß spielen bei Bibliotheken psychografische Ziele eine größere Rolle als die ökonomischen Ziele. Bibliotheken sollten bei der Definition ihrer Marketingziele daran denken, diese auf alle Stakeholder zu beziehen und nicht nur auf ihre Kunden. Ziele sind immer nach der SMART-Formel (Projektmanagement) formuliert werden. Sie müssen
- spezifisch
- messbar
- attraktiv / anspruchsvoll
- realisierbar und
- terminiert
Beispiele für Marketingziele
- 50 % aller Grundschüler haben bis zum Jahr x einen Bibliotheksausweis.
- Steigerung der jugendlichen Kunden (12 bis 19 Jahre) bis zum Jahr x um 15 %.
- 100 % der Gemeinderäte kennen bis zum Zeitpunkt x die Produkte und Dienstleistungen der Bibliothek.
- Alle Erstsemester erhalten bis zum Jahr x eine mindestens zweitägige Einführung in die Bibliothek.
Im Wesentlichen lässt sich der Grad der Zielerreichung durch die Analyse der Nutzungszahlen und durch Befragungen erschließen.
Folgendes Beispiel zeigt den den Zusammenhang zwischen Unternehmensstrategie, strategischem Geschäftsfeld und Marketingzielen am Beispiel Kinderbibliothek. [33]
Oberziele | Marketingziel |
---|---|
Leseförderung durch Schaffung geeigneter Medienangebote und die Kooperation mit Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen der Leseerziehung. | Jedes Kind hat vor dem ersten Schultag einen eigenen Leseausweis. |
100 % der Erzieher/innen der Kindergärten in der Kommune kennen die Produkte und Dienstleistungen der Bibliothek. | |
Steigerung der jugendlichen Nutzer (12 bis 17 Jahre) um 10 % im Berichtszeitraum (mind. 1 Ausleihe im Jahr). |
Aus dem Beispiel wird auch ersichtlich, dass sich die Marketingziele nur durch Maßnahmen im Rahmen des Markeing-Mixes realisierbar sind, z.B. durch entsprechende Kommunikationsinstrumente in Schulen, Kindergärten etc.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Bernsee, Elke: Bibliothek als Marke. Chancen und Problemfelder des identitätsorientierten Markenmanagements. Berlin: Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft 2006 (Berliner Handreichungen zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, 176).
(Abruf: 02.08.2013)
Bibliotheken ’93. Strukturen, Aufgaben, Positionen. Berlin: Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände 1994.
(Abruf: 02.08.2013).
Bibliotheken und Informationsgesellschaft in Deutschland. Eine Einführung. Von Engelbert Plassmann, Hermann Rösch, Jürgen Seefeld u. Konrad Umlauf. 2. Aufl. Wiesbaden: Harrassowitz 2011.
Bruhn, Manfred: Marketing für Nonprofit-Organisationen. Grundlagen, Konzepte, Instrumente. Stuttgart: Kohlhammer 2005.
Burkhardt, Achim: Besonderheiten von Markenarchitekturen bei Städten. [Heidelberg]: Taikn 2010. PDF-Datei.
(Abruf: 02.08.2013).
Drews, Hanno: Abschied vom Marktwachstums-Marktanteilsportfolio nach über 35 Jahren Einsatz? Eine kritische Überprüfung der BCG-Matrix. In: Zeitschrift für Planung & Unternehmenssteuerung (2008) 19. S. 39–57.
Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Markenführung. 7. Aufl. München: Vahlen 2012.
Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Markenführung. 3. Aufl. München: Vahlen 2005.
Gute Ideen für gute Bibliotheken. Supplement zu: 21 gute Gründe für gute Bibliotheken. Berlin: Bibliothek & Information Deutschland 2008. PDF-Datei.
(Abruf: 02.08.2013)
Heinrichs, Werner u. Armin Klein: Kulturmanagement von A–Z. 600 Begriffe für Studium und Beruf. 2. Aufl. München: dtv 2001.
IHK Braunschweig: Bibliothek mit Grips: Bundesweit erste „Smart Library“ soll bis zu 35 Prozent Energie einsparen, 07/2012.
(Abruf: 02.08.2013)
Kaplan, Robert S.; Norten, David P.: Balanced Scorecard: Strategien erfolgreich umsetzen. Schaeffer-Poeschel, 1997
Meffert, Heribert u. Manfred Bruhn: Dienstleistungsmarketing. Grundlagen, Konzepte, Methoden. Mit Fallstudien. 5., überarb. und erw. Aufl. Wiesbaden: Gabler 2006.
(Abruf: 02.08.2013).
Meffert, Heribert, Christoph Burmann u. Manfred Kirchgeorg: Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele. 10. Aufl. Wiesbaden: Gabler 2008.
(Abruf: 02.08.2013).
Schade, Frauke; Umlauf, Konrad: Bestandsmanagement im Rahmen von Marketing-Management Öffentlicher Bibliotheken. In: Schade, Frauke; Umlauf, Konrad: Handbuch Bestandsmanagement für Öffentliche Bibliotheken. Berlin, München: De Gruyter Saur, 2012.
Städtische Bibliotheken Dresden: Bibliotheksentwicklungsplan 2008–2010. Dresden (o. J.). PDF-Datei.
(Abruf: 10.12.2015).
Umlauf, Konrad (2002): Leitbild. In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen. Losebl.-Ausg. Hrsg. von Hans-Christoph Hobohm u. Konrad Umlauf. Hamburg: Dashöfer 2002ff. Kap. 3.2.6.
Umlauf, Konrad: Etatverteilung für den Bestandsaufbau mit Profil. Berlin: Institut für Bibliothekswissenschaft 2000 (Berliner Handreichungen zur Bibliothekswissenschaft, 78).
(Abruf: 02.08.2013).
Umlauf, Konrad: Bestandsaufbau an öffentlichen Bibliotheken. Frankfurt a. M.: Klostermann 1997.
Walsh, Gianfranco; Deseniss, Alexander; Kilian, Thomas: Marketing: Eine Einführung auf der Grundlage von Case Studies, Springer 2009.
Weis, Christian: Marketing, Herne, 2010.
Fußnoten
- [1] Vgl. Walsh et al. 2009: 123
- [2] Vgl. Umlauf 2000: 1; Umlauf 2002
- [3] Vgl. Esch 2012: 83
- [4] Vgl. Heinrichs u. Klein 2001: 278
- [5] Vgl. Umlauf 2002
- [6] Vgl. Esch 2012: 84
- [7] Vgl. Bibliotheken und Informationsgesellschaft in Deutschland 2011: 267
- [8] Vgl. Bernsee 2006: 23
- [9] Vgl. Esch 2012: 30
- [10] Vgl. ebd.: 93f
- [11] Vgl. Burkhardt 2010: 2f
- [12] Vgl. ebd.: 162, 163
- [13] Bibliotheken ’93 1994: 13
- [14] Gute Ideen für gute Bibliotheken: 7
- [15] Ebd.
- [16] Gute Ideen für gute Bibliotheken 2008: 5
- [17] Vgl. Bruhn 2005: 163; Hohn 2006: 44.
- [18] Städtische Bibliotheken Dresden, o.J., 31.
- [19] Vgl. Bruhn 2005: 161f.
- [20] Städtische Bibliotheken Dresden, o.J., 3
- [21] IHK Braunschweig 2012
- [22] Vgl. Umlauf 1997: 1
- [23] Walsh et al. 2009: 194
- [24] Walsh et al. 2009: 195
- [25] Bundesministerium des Innern: Organisationshandbuch, Balanced Scorecard, 2012 http://www.orghandbuch.de/OHB/DE/Organisationshandbuch/7_Management/75_BalancedScorecard/balancedscorecard_inhalt.html (letzter Zugriff 20.05.2014)
- [26] Vgl. Drews 2008: 42.
- [27] Vgl. Umlauf 1997: 75 f.
- [28] Vgl. Meffert u. Bruhn 2006: 155 und Schade, Umlauf 2012: 167
- [29] Vgl. Schade 2010: 121f.
- [30] Schade, Umlauf 2012: 169
- [31] Meffert, Burmann u. Kirchgeorg 2008: 21.
- [32] Vgl. ebd.: 247
- [33] Schade, Umlauf 2012: 173