Markenentwicklung und -führung

Einleitung

In der steigenden Finanzierungskonkurrenz öffentlich finanzierter Einrichtungen spielt die Entwicklung von Bibliotheksmarken heute eine bedeutsame Rolle, um sich gegenüber anderen öffentlichen Einrichtungen positiv abgrenzen zu können. Sie schafft einerseits Identifikation und Vertrauen, indem die Marke auf den Punkt bringt, was das komplexe Produkt- und Dienstleistungsportfolio ausmacht und warum es nutzenstiftend für Kunden, Kooperationspartner, die Öffentlichkeit und den alimentierenden Träger ist. Andererseits gewährleistet die Marke Orientierung und Differenzierng, inde sie deutlich macht, worin sich das Angebot von anderen unterscheidet, was das Besondere und im bestne Fall Einzigartige daran ist. Insgesamt soll die Marke die schnelle Dechiffierbarkeit gewährleisten, damit sich das Angebot direkt erschließt nd nachhaltig und assoziationsreich erinnert werden kann.

Bibliotheken müssen sich daher bemühen, alle Produkt- und Servicequalitäten, die sie anbieten, mit Hilfe der Marke oder Markenfamilie zu präsentieren und an ihre Kunden zu kommunizieren. [1]

Der Begriff Marke wird im Markenrecht folgendermaßen definiert:
„Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstiger Aufmachung einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet dazu sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“ [2]

Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive wird die Marke heute als Persönlichkeit verstanden und umfassender beschrieben. Neben funktionalen und objektiven Eigenschaften werden der Marke darüber hinaus wirkungsbezogene Merkmale zugeordnet, die Emotion, Motivation und Einstellungen bei den angesprochenen Zielgruppen beeinflussen sollen, damit die Marke positiv assoziiert wird und Markenbekanntheit, –sympathie und –vertrauen aufgebaut werden kann. Die Marke kann damit als Qualitätsversprechen definiert werden, die ein fest verankertes Vorstellungsbild von der Bibliothek und ihren Angeboten bei Kunden erzeugt. [3]

Markenentwicklung

Für Bibliotheken ist eine aktive Mitgestaltung des eigenen Images von großer Bedeutung. Das Markenimage zeigt, wie die Marke von den Kunden einer Bibliothek wahrgenommen wird und beeinflusst somit nachhaltig die Akzeptanz und den Erfolg der Bibliothek. Dabei kann sich das Markenimage  auf ein Produkt, eine Dienstleistung, auf einzelne Geschäftsbereiche oder das gesamte Unternehmen bzw. die Bibliothek beziehen. Im Gegensatz zum Markenimage, das die Wirkungsebene beim Rezipienten aufzeigt, stellt die Markenidentität die Aktionsebene dar. Sie wird von der Bibliothek entwickelt und zeigt auf, wie die Marke nach außen kommuniziert werden soll. Die Markenidentität wird auf der Grundlage eines Markenmodells entwickelt. [4]

Marken werden anhand von Modellen entwickelt. Das Markenmodell beschreibt die Essenz der Marke und ist die Grundlage für die Markenpositionierung und die Markenkommunikation. In der Praxis kommen verschiedene Modelle zur Markenentwicklung zur Anwendung, die im folgenden Abschnitt dargestellt werden.

Das identitätsorientierte Markenmodell nach Kapferer stellt die Markenidentität in einem sechsseitigen Prisma grafisch dar.

Markenmodell nach Kapferer, Darstellung nach Esch 2012, S.98

Die rechte Seite repräsentiert die inneren Werte einer Marke, also Merkmale ihrer Persönlichkeit, Kultur und Vision. Demnach ist die Marke eine Persönlichkeit mit einem eigenen Charakter. Durch die Markenkommunikation einer Bibliothek werden diese Eigenschaften für den Kunden sichtbar.

Auf der linken Seite des Prismas werden soziale Kriterien einer Marke dargestellt. Dazu zählen die Beschaffenheit, der Bezug zum Kunden und die spontane Zuordnung. [5]

Ein weiteres Modell zur Erfassung der Markenidentität bietet das Markensteuerrad von icon brand navigation (heute: icon added value). Dieses Markenmodell baut auf Erkenntnissen der Hemisphärenforschung auf. Demnach ist die linke Gehirnhälfte für die Verarbeitung von rationalen Informationen zuständig und die rechte Gehirnhälfte für die Verarbeitung von Emotionen.  Bei dieser Vorgehensweise wird davon ausgegangen, dass die Merkfähigkeit des Gehirns dann am höchsten ist, wenn beide Hemisphären gleichermaßen angesprochen werden. Das Markenmodell nutzt diese Erkenntnis, indem die Markenidentität anhand dieses Modells so entwickelt wird, dass sie rationale und emotionale Markenbotschaften gleichermaßen beinhaltet. [6]

Markensteuerrad von icon brand navigation, Darstellung nach Esch 2012, S. 102, zit. aus Schade 2012, S. 356

Die linke Seite des Modells repräsentiert die Markenkompetenz und den Markennutzen. Die Markenkompetenz beschreibt die Zielsetzung und Identität der Marke. Der Markennutzen oder „Benefit & Reason why“ beschreibt den Nutzen, den die Marke für den Rezipienten haben soll.

Auf der rechten Seite werden die Markentonalität und das Markenbild dargestellt. Die Markentonalität beschreibt das „Wesen“ der Marke, in dem der Marke Charaktermerkmale zugeordnet werden. Darüber hinaus definiert das Markenbild alle sichtbaren Merkmale einer Marke, die im Logo, dem Corporate Design oder Bildern der Markenkommunikation umgesetzt werden. [7]

Wenn Sie sich für die Anwendung dieses Modells entscheiden, wird die Vorgehensweise im Best-Practice-Beispiel beschrieben: Markenentwicklung für die Bibliothek der Helmut-Schmidt-Universität.

Um Markenpersönlichkeiten auszuarbeiten ist es sinnvoll, für die Beschreibung der Markentonalität das Markenpersönlichkeitsvokabular von Aaker zu nutzen, das Marken menschliche Charaktermerkmale zuschreibt. Die Merkmale zur Beschreibung von Markenpersönlichkeiten werden in der folgenden Tabelle dargestellt. [8]

Markenpersönlichkeitsvokabular, Darstellung nach Aaker 2005, S 174, zit. aus Esch 2012, S. 108

Das Vokabular sollte genutzt werden, um der Markentonalität und dem Markenbild passende Charaktermerkmale zuzuordnen, die geeignet sind, Marken adäquat zu beschreiben und zu überprüfen. [9]

Aus der Markenidentität wird das sogenannte Branding abgeleitet, das mit Markennamen, Markenzeichen und der grafischen Gestaltung der Marke die signalgebende Funktion der Marke erfüllt. [9] Diese sollen die Marke einzigartig machen und von Wettbewerbsmarken unterscheiden. Für die grafische Darstellung wird das sogenannte Branding-Dreieck genutzt.

Darstellung nach Esch 2012, S. 217, zit. aus Schade 2012, S. 359

Bei der Gestaltung des Brandings sollte darauf geachtet werden, dass der Markenname nicht abstrakt, sondern bildhaft ist, damit er sich der Zielgruppe direkt erschließt. Auch das Markenzeichen muss einen eindeutigen Bezug zum Unternehmen und seinen Produkten und/oder Dienstleistungen herstellen und sich deutlich von anderen Wettbewerbsmarken abgrenzen. Markenname und Markenzeichen werden dann in einem Corporate Design umgesetzt. [10]

Best-Practice-Beispiel: Markenentwicklung für die Bibliothek der Helmut-Schmidt-Universität

Für die Entwicklung der Unternehmensmarke für die Bibliothek der Helmut-Schmidt-Universität wurde im ersten Schritt das bereits vorgestellte Markensteuerrad von icon brand navigation verwendet.

Markenmodell der HSU Bibliothek, Darstellung nach Schade 2008

Aus der Abbildung geht hervor, wie sich die Bibliothek als Marke definiert. Da das Corporate Design parallel zur Markenentwicklung erstellt wurde, ist der Quadrant Markenbild noch nicht ausgefüllt und die Frage „Wie trete ich auf?“ noch nicht beantwortet. [11]

Im Beitrag verwendete Literatur

Burkhardt 2009
Burkhardt, Achim: Inhaltliche Optimierung von Markenarchitekturen. Stand: 2009. PDF-Datei.
(Abruf: 18.05.2012)

Burmann / Nitschke 2003
Burmann, Christoph; Nitschke, Axel: Markenstrategie. In: Wirtz, Bernd W.: Handbuch Medien- und Multimediamanagement. Wiesbaden: Gabler, 2003.
Online verfügbar

Esch 2007
Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Markenführung. 5., vollst. überarb. und erw. Aufl.,  München: Vahlen, 2007.

MarkenG 1995
Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen : § 3 Als Marke schutzfähige Zeichen. Stand: 1995 .
(Abruf: 03.07.2012)

Schade 2008
Schade, Frauke(Hrsg.); Schmidt, Ralph (Hrsg.): All about Schmidt : Marketingkonzeption, Image-Analyse und Kommunikationsstrategie für die Hochschulbibliothek der Helmut-Schmidt-Universität. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Abteilung Information, 2008.

Schade 2012
Schade, Frauke: Markenentwicklung für Bibliotheken. In: Georgy, Ursula; Schade, Frauke (Hrsg.): Praxishandbuch Bibliotheks- und Informationsmarketing. München: De Gruyter Saur, 2012.

Fußnoten

Redaktion und Kontakt
Text
Verena Kapfer in Kooperation mit Prof. Frauke Schade (HAW Hamburg)
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