Themenmanagement

Themenmanagement ist ein Konzept aus der Kommunikationswissenschaft und Medienwirkungsforschung, das besagt, dass Massenmedien Konsumenten gezielt beeinflussen, indem sie über bestimmte Themen berichten und somit hervorheben oder andere Themen unberücksichtigt lassen. [1] Themenmanagement nutzt dieses Konzept, um Themen der eigenen Organisation oder des Unternehmens auf die öffentliche Agenda zu bringen.

Ziel des Themenmanagements ist es, die Reputation eines Unternehmens oder einer Organisation zu steigern. [2] Entwickelt man ein Themenmanagement, kann die Unternehmenskommunikation strategisch aufgestellt und umgesetzt werden.[3]

Indem man Themen, die für die Öffentlichkeit relevant sein können, rechtzeitig erkennt und aufgreift, kann Themenmanagement dazu beitragen, dass die Bibliothek stärker in den Focus der Öffentlichkeit rückt und den öffentlichen Diskurs mitbestimmt. Dies setzt allerdings voraus, dass die Medienlandschaft kontinuierlich evaluiert wird , damit regelmäßig Themen entwickelt werden können, die die Bibliothek im Kontext gesellschaftlich relevanter Entwicklungen positioniert.

Hintergrund und Einflussfaktoren

„An issue ignored is a crisis ensured.“
Henry Kissinger, ehemaliger US-Außenminister [4]

Themen werden unterteilt in „Kurz- und Langfristthemen, interne und externe Themen, wichtige und weniger wichtige sowie in Chancen- und Risikothemen“.[5]

Damit wird es auch möglich, potentielle Risikothemen zu identifizieren und gezielt zu nutzen oder abzuwenden (Krisenkommunikation).

Neben den Wirkungskonzepten gibt es viele Faktoren, die beeinflussen, welche Themen bei den Rezipienten als relevant eingeschätzt werden. Dieses Wissen kann dazu beitragen, die Umsetzung des Themenmanagements zielgruppenrelevant und spezifisch zu gestalten. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem die Qualität, Relevanz und Medienpräsenz des Themas an sich, die Eigenschaften der Rezipienten, deren Mediennutzungskonsumgewohnheiten sowie beeinflussende kognitive und emotionale Faktoren, das Medium, über das kommuniziert wird (Fernsehen, Internet, Zeitung, etc.) sowie Umwelteinflüsse.

Handlungsempfehlungen zur Implementierung von Themen- und Issuemanagement

Um selbst strategisch Themen platzieren zu können, muss eine Analyse der aktuellen Situation vorgenommen werden.

Will man Themenmanagement langfristig einsetzen, sollte man ein regelmäßiges Themen-Monitoring einführen. Das heißt, in den wichtigsten Medien und Kommunikationskanälen wird analysiert, welche Themen, Meinungen und Nachrichten latent vorhanden oder aktuell sind.

Dabei muss frühzeitig identifiziert werden, welche, warum und mit welchen möglichen Folgen Themen Potenzial haben und zu „Themen “ werden können, zu denen sich die Bibliothek positioniert. Dabei ist es auch wichtig, Problemfelder rechtzeitig zu erkennen. Außerdem ist es sinnvoll, relevante Akteure und Meinungsbildner ausfindig zu machen und diese eventuell in das Themenmanagement der Bibliothek oder die Kampagne einzubinden.

Führt man zugleich Kunden-Analysen durch, erhält man Informationen zur allgemeinen Einstellung des Publikums in Bezug auf eine Marke, ein Thema, eine Person oder ein Unternehmen.

Somit lassen sich Veränderungen von Meinungsbildern besser messbar machen und im Anschluss evaluieren. Auch wenn dies zugegebenermaßen für Bibliotheken sehr zeitaufwendig ist, kann dies insgesamt maßgeblich dazu beitragen, eine erfolgversprechende Unternehmenskommunikation zu entwickeln.

Zunächst müssen Themenkomplexe gefunden werden, die die Interessen der Bibliothek stärken und diese in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. [6]

Die Themenfindung kann zum Beispiel in einem Brainstorming entwickelt werden, in dem zunächst alle als relevant eingeschätzten Themen notiert werden.

Im Anschluss daran kann dann eine Auswahl erfolgen.[7] Themen, die für die Bibliothek relevant sein könnten, sind z.B. Erwachsenenbildung, Leseförderung, Medienkompetenz, Neue Medien, die Entwicklung des Internets etc.

Anschließend muss eine Themenstrategie ausgearbeitet werden, in der folgende Punkte festgelegt werden:

  • Kernbotschaften, die vermittelt werden sollen,
  • Zielgruppen, die angesprochen werden sollen,
  • Wirkung, die bei der Zielgruppe erreicht werden soll,
  • Argumentationslinie unter Berücksichtigung aller Informationen und Positionen,
  • Ziele, die mit dieser Strategie verfolgt werden und evaluiert werden können.[8]

Diese Strategie muss auch einen Zeitplan beinhalten, in dem die Fragen Wann, Wo und Wie lange? geklärt werden. In diesem Strategiepapier sind auch messbare Kennzahlen enthalten, um nach der Umsetzung eine Evaluation durchführen zu können.

Der nächste Schritt ist die Lancierung des Themas in den Medien. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Zielgruppen aktiv, anschaulich und verständlich angesprochen werden.

Themen, die auf der Agenda platziert werden sollen, müssen einen erkennbaren Bezug zur Bibliothek haben sowie auch auf persönlicher Ebene kommuniziert werden. Dabei eignen sich besonders Themen, die auf das lokale Umfeld bezogen und erfahrungsbasiert sind und darüber hinaus die entweder eine besonders große gesellschaftliche Bedeutung haben oder neu und ungewohnt sind bzw. nicht erwartet werden. [9]

Die Themen werden im Kontext zum Bibliotheksprofil und anhand der Bibliotheksangebote entwickelt und in einen größeren wirtschaftlichen, politischen oder gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang gestellt. Dabei kann über neue Dienstleistungen und Technologien, Zukunftsszenarien der Bibliothek sowie Meinungen der Bibliothek zu aktuell diskutierten Themen gesprochen werden.Will sich die Bibliothek zum Beispiel als Vorreiter von neuen Technologien präsentieren, kann sie sich im Kontext der aktuellen Diskussion um neue technische Entwicklungen darstellen. 

Langfristige Besetzung der Themen fördern

Auf der Grundlage der Kommunikationsstrategie wird versucht, die Themen in allen relevanten Kanälen zu platzieren. Dabei ist es erfolgsentscheidend, Themen strukturiert aufzubereiten und zu platzieren. Eine regelmäßige Wiederholung oder Variation des Themas trägt dazu bei, dass die Bibliothek sich langfristig die Besetzung bestimmter Themen sichert und so nachhaltig präsent und im Gedächtnis verankert.

Kommunikationskanäle auswählen

Die Kommunikationskanäle sollten zielgruppenspezifisch ausgewählt werden, da nur so die Botschaften die richtige Zielgruppe erreichen.

Genauso wichtig ist es, auf verschiedenen Kanälen aktiv zu sein und sich nicht auf einen Kommunikationskanal zu beschränken. (vgl. Social Media Marketing). Zusätzlich ist es von Vorteil, wenn starke Kooperationspartner gefunden werden, da diese die Glaubwürdigkeit, Aufmerksamkeit und das Vertrauen beeinflussen und erhöhen können.[10]

 

Führt man zeitgleich mit dem Themen-Monitoring eine Kunden-Analyse durch, erhält man Informationen zur allgemeinen Einstellung des Publikums in Bezug auf das Thema, ein Unternehmen oder eine Person.Somit lassen sich Veränderungen von Meinungsbildern evaluieren. Man kann außerdem die Wirkungsziele, die zu Beginn der Themenmanagementstrategie definiert wurden, mit den Informationen der Kunden-Analyse abgleichen und Veränderungen erkennen.

Weitere Evaluationsmaßnahmen finden Sie unter:
Medienmonitoring

Beispiele / Best Practice

Im Bibliotheksbereich existieren derzeit in der Literatur wenig Belege für Vorreiter, die sich durch erfolgreiches Themenmanagement auszeichnen. Allerdings sind insbesondere Themenmanagement-Konzepte schwer einschätzbar, da sie nicht öffentlich gemacht werden.

Erste Anhaltspunkte Themen für Bibliotheken zu entwickeln gibt zum Beispiel der Themendienst des dbv. Darin enthalten sind informative Texte zu aktuellen Themen der Bibliotheksarbeit sowie eine Auswahl passender Fotos oder gegebenenfalls Grafiken und Hintergrundmaterial. Die Texte können aufgegriffen und kostenlos verwendet werden.

Ein Beispiel aus dem privatwirtschaftlichen Bereich ist das Themenmanagement des Automobilherstellers Audi (TIM). Dieser versucht mit Hilfe von Themenmanagement die Reputation zu erhöhen und zu steuern. Dabei setzt das Unternehmen eine „Reputationsspinne” ein, die aus drei Ebenen besteht: [11]

  • Sieben Reputationsdimensionen, die markt- und zeitübergreifend gültig sind, z.B. Unternehmensstrategie, Management, Produkte und Dienstleistungen, Corporate Social Responsibility, uvm. Diese existieren bei jedem Unternehmen und sind vergleichbar.
  • 32 Themenfelder, z.B. die Reputationsdimension „Produkte und Dienstleistungen“ – Themenfelder sind Qualität, Sportlichkeit und Service.
  • Unterschiedliche Stakeholder nutzen unterschiedliche Themenfelder, z.B. bei Audi die konkrete Ausbildungsplatzinitiative.

Die folgende Abbildung zeigt die Phasen des Themen- und Issuemanagements.

Phasen des Themen- und Issuemanagements bei Audi, Vgl. MELFI/BRETTSCHNEIDER 2010, S. 34

In der Analyse-Phase werden relevante Themen identifiziert, in der Planungsphase priorisiert, in der Umsetzungsphase kommuniziert und bei der Evaluation wird ein möglicher Erfolg der Themen gemessen. [12]

Bei der Analyse-Phase ist es wichtig, herauszufinden, welche Stakeholder welche Themen bevorzugen und welche Meinung sie zum Unternehmen haben. Dies macht Audi mit Hilfe eines „Reputation Measurement“ und des „Themensensors“. Dieser befragt regelmäßig Kommunikationsmitarbeiter des Unternehmens, welche Themen Stakeholder nachfragen und wie diese das Unternehmen wahrnehmen.[13] Dies ist weniger aufwendig, als die Stakeholder selbst zu befragen. Um Themen zu finden, führt Audi eine Medienresonanzanalyse sowie Online-Monitoring durch.

Um Themen zu priorisieren, hat Audi eine Short-List eingeführt. Während die Themenanalyse und –planung zentral durch das Audi TIM gesteuert wird, werden einzelne Kommunikationsmaßnahmen von den jeweiligen Abteilungen geleitet. Audi hat dafür ein „Audi TIM-Cockpit“ eingerichtet, das zeit- und ortsunabhängig verfügbar ist. Dort werden sämtliche Themen gespeichert und kommende und durchgeführte Kommunikationsmaßnahmen dokumentiert. [14] Dies können die einzelnen Abteilungen für ihre Umsetzung nutzen.

Für Audi ist dies ein wirksames Instrument, um proaktiv kommunizieren zu können. Damit werden Chancen- und Risikothemen beherrschbar, was einen positiven Einfluss auf die Reputation haben kann. [15]

Literatur

Bäßler 2011
BÄßLER, Josefine: Wie können Bibliotheken das PR-Instrument Storytelling für ihre PR-Arbeit nutzen? Analyse erfolgreicher Fallbeispiele und Ableitung von Handlungsstrategien auf Bibliotheken. Bachelorarbeit, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, 2011

Eichhorn 2005
EICHHORN, Wolfgang: Agenda-Setting-Prozesse. Eine theoretische Analyse individueller und gesellschaftlicher Themenstrukturierung. 2.Aufl., 2005. PDF-Datei.
Abruf: 15.5.2012

Fog/Budtz/Yakaboylu 2005
FOG, Klaus; BUDTZ, Christian; YAKABOYLU, Baris: Storytelling: branding in practice. Berlin u.a.:Springer, 2005. – ISBN 3540235019.

Frenzel/Müller/Sottong 2004
FRENZEL, Karolina; MÜLLER, Michael; SOTTONG, Hermann J.: Storytelling : das Harun-al-Raschid-Prinzip ; die Kraft des Erzählens fürs Unternehmen nutzen, Dtv. 34325, Ungekürzte Ausg. München:Dt. Taschenbuch-Verl., 2006. -ISBN 3423343257.

Fuchs 2007
FUCHS, Werner: Storytelling: Wie hirngerechte Marketing-Geschichten aussehen. S. 125-140. In: HÄUSEL, Hans-Georg: Neuromarketing: Erkenntnisse der Hirnforschung für Markenführung, Werbung und Verkauf. Freiburg im Breisgau u.a.:Haufe, 2007. -ISBN 9783448080568; 344808056X.

Griepentrog 2010
GRIEPENTROG, Wolfgang: Agenda Setting für Gründer: Wie Sie Ihre Kompetenz erfolgreich ins Gespräch bringen. Beitrag im Blog „Unternehmershuttle“, Stand: 2.11.2010.
Abruf: 15.5.2012

Harringer/Maier 2009
HARRINGER, Christoph; MAIER, Hannes: „Organizational Storytelling“ – narrative Dimension in der Unternehmenskommunikation. In: BENTELE, Günter; PIWINGER, Manfred; SCHÖNBORN, Gregor: Kommunikationsmanagement. Strategien, Wissen, Lösungen (Loseblattwerk). 43. Erg.-Lieferung, Januar 2009, Beitrag 5.35, Hermann Luchterhand Verlag Neuwied; 2001 ff.

Herbst 2008
HERBST, Dieter: Storytelling: PR-Praxis. 15. Konstanz:UVK-Verl.-Ges., 2008. -ISBN 9783867640367.

Mark/Pearson 2001
MARK, Margaret; PEASON, Carol S.: The Hero and the Outlaw: Building Extraordinary Brands Through the Power of Archetypes. New York: Mcgraw-Hill Professional, 2001. -ISBN 0071364153; 9780071364157.

Melfi/Brettschneider 2010
MELFI, Toni; BRETTSCHNEIDER, Frank: Das Themen- und Issues Management der Audi AG. Mit Themen zur Reputationsführerschaft. In: kommunikationsmanager, I/2010, S. 32-36. PDF-Datei.
Abruf: 15.5.2012

NIKE 2011 a
NIKE: Company Overview: If you have a body, you are an athlete*. Stand: 2011.
Abruf: 13.07.2011

NIKE 2011 b
NIKE: History & Heritage. Stand: 2011.
Abruf: 13.07.2011

Radermacher 2002
RADERMACHER, Thorsten: Agenda-Setting: Die Thematisierungsfunktion der Massenmedien. Vortrag, 2002. PDF-Datei.
Abruf: 15.5.2012

Raun 2011
RAUN, Kristo: http://pure.au.dk/portal-asb-student/files/36298305/BAThesis.pdfArchetypes in Organizations: an analysis of the Church of Scientology‟s multiple identities. Stand: Frühjahr 2011. PDF-Datei.
Abruf: 19.07.2011

Ruff/Aziz 2003
RUFF, Peter; AZIZ, Khalid: Managing communication in a crisis. Burlington: Gower Publishing, 2003. -0566082942

Fußnoten

Redaktion und Kontakt
Text
Josefine Bäßler in Kooperation mit Prof. Frauke Schade (HAW Hamburg)

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