Markenportfolio und Markenarchitekturen

Ein Markenportfolio bezeichnet die Gesamtheit aller Marken, die von einer Einrichtung geführt werden. Die im Markenportfolio geführten Marken können sich auf einzelne Dienstleistungen, Dienstleistungsgruppen oder Abteilungen beziehen. Die Verwaltung des Markenportfolios ist eine strategische Aufgabe, die darauf abzielt, die Positionierung der einzelnen Marken zu optimieren, um so den Gesamtwert des Portfolios zu maximieren. Dabei geht es nicht nur darum, jede Marke für sich zu betrachten, sondern auch um die Beziehungen zwischen den Marken und deren gemeinsamen Beitrag zum Erfolg der Einrichtung.

Kern des Markenportfolios ist die sogenannte Markenarchitektur, die das Markenportfolio mit einer inneren Logik ausstattet. Die Gestaltungsoptionen von Markenarchitekturen bewegen sich von offenen Markenarchitekturmodellen, die Marken eigenständig als Einzelmarken führen, bis hin zu geschlossenen Markenarchitekturen, in denen die unter einer Dachmarke geführten Produkte, Dienstleistungen oder ihre Bündelung in strategischen Geschäftsfeldern nicht als (vollkommen) eigenständig wahrgenommen werden. Die Wahl des Markenarchitekturmodells ist dabei abhängig davon, was man in der Markenführung erreichen möchte sowie, welche Synergie und Imagetransfereffekte man erzielen möchte. Ein Imagetransfer entsteht z.B. dann, wenn die Marken sich gegenseitig unterstützen.

Abb. 3: Markenarchitekaturmodelle

Offene Markenarchitekturkonzepte wie das Konzept „House of Brands“ gewähren eine hohe Eigenständigkeit der Einzelmarken und ermöglichen eine differenzierte Marktbearbeitung, indem Zielgruppen sehr spezifisch über die Marke und Markenpositionierung angesprochen werden können. Ein Beispiel für das Konzept „House und Brands“ ist das Unternehmen Mondelez, das den Markenauftritt für so bekannte Marken wie Milka, Toblerone oder Oreo eigenständig realisiert. Ziel ist es, für jede Marke eine eigene Markenwelt zu kreieren, um damit Zielgruppen ganz spezifisch anzusprechen. Weitere Vorteile in diesem Konzept liegen in der Flexibilität und in den Veränderungsmöglichkeiten der Einzelmarken. Nachteile bestehen darin, dass die Markenführung erheblich zeit- und auch kostenaufwändig ist, da für jede Marke ein Markenauftritt realisiert und im Marketingmanagement umgesetzt werden muss.

Geschlossene Markenarchitekturkonzepte wie das Konzept „Branded House“ setzen Markenkonzeptkonsistenz voraus. Branded-House-Konzepte werden eingesetzt, wenn sich Synergien und Imagetransfereffekte zwischen der Dachmarke und den Produkten und/oder Dienstleistungen, die darunter geführt werden, herstellen lassen. Ein bekanntes Beispiel für das Konzept Branded House ist das Unternehmen Siemens. Weil man nicht jedes Jahr einen neuen Kühlschrank, eine Waschmaschine oder und einen neuen Herd braucht, setzt das Unternehmen gezielt auf dieses Konzept, in dem intendiert wird, dass sich positive Erfahrungen bei dem einem Kauf auf den Kauf weiterer Produkte auswirken. Diese Konzepte setzen voraus, dass klare, starke und eindeutige Assoziationen mit der Dachmarke hergestellt werden können. Diese Konzepte werden häufig bei Dienstleistungsunternehmen eingesetzt, z. B. Banken, Versicherungen oder Fitnessstudios.

Herausforderungen von Bibliotheken

Bibliotheken sind weitgehend eingebunden in das Markenportfolio ihres Trägers. Bis auf wenige Ausnahmen favorisieren öffentliche Träger – ob das nun Hochschulen, Institute oder Kommunen sind – geschlossene Markenarchitekturkonzepte (Branded House) und verpflichten die ihnen zugeordneten Einrichtungen und/oder Funktionsbereiche, den Markenauftritt der Dachmarke zu übernehmen.

Bibliotheken und ihr Leistungsportfolio haben im Rahmen dieser Branded-House-Strategie wenig Möglichkeiten, Sichtbarkeit zu erreichen und ihre Marke bzw. ihr Markenportfolio umzusetzen. Wie problematisch die fehlende Sichtbarkeit von Bibliotheken in Branded-House-Konzepten ist, deren Leistungen darüber hinaus weitgehend immateriell sind, können Bibliotheken z.B. immer dann feststellen, wenn sie auf der Startseite des Trägers nicht direkt auffindbar sind.

Darüber hinaus lassen sich Synergien und Imagetransfereffekte in Branded-House-Strategien zumindest von Kommunen nicht durchgängig herstellen, weil – um ein Beispiel zu geben – Stadtreinigung, Stadtbibliothek, Volkshochschule und Stadtverwaltung unter den gleichen Identitätsmerkmalen in einem einheitlichen Markenauftritt realisiert werden, diese Einrichtungen jedoch andere Zielsetzungen, Aufgaben, Angebote und ggf. auch Zielgruppen haben, die so nicht spezifisch dargestellt bzw. angesprochen werden können. Dabei droht, die Verwässerung der Dachmarke. Trotzdem können Bibliotheken auch von dem Dachmarkenauftritt des Trägers profitieren, dann z.B., wenn sich diese bereits als starke Marke (z.B. Stadtmarke) etabliert hat. Zudem verfügen Träger mit ihren Marketingabteilungen, Know-how und Budgets weitgehend über bessere infrastrukturelle Voraussetzungen, Markenmanagement professionell umzusetzen.

Damit Bibliotheken ihre eigene Marke und ggf. ihr Markenportfolio entfalten können, kann es sinnvoll sein, das starre Branded-House-Konzept aufzulösen. Dies kann beispielsweise über das Konzept der Endorsed Brands realisiert werden.

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Dachmarke des Trägers durch ein eigenes Farb- und/oder Bildkonzept sowie durch Namenszusätze ausgezeichnet wird, die die Marke des Trägers erweitern. Der Königsweg für eine klare Markenkommunikation ist diese Vorgehensweise auch nicht, sie lässt sich jedoch gegenüber dem Träger gut begründen, da sein eigener Markenauftritt nicht infrage gestellt wird.

Darüber hinaus müssen sich Bibliotheken jedoch vor allem fragen, wie sie die Breite ihres Angebotsportfolios in einem Markenportfolio schlüssig organisieren können. Hier besteht zwar zwischen der Bibliotheksmarke und dem Angebotsportfolio in möglichen Synergien und Imagetransfereffekten Konzeptkonsistenz, die Markenidentität droht jedoch durch die Vielfalt immaterieller Dienstleistungen und weiterer Angebote zu verwässern, denn je mehr Produkte und Dienstleistungen unter der Dachmarke geführt werden, desto schwieriger ist es, eine aussagekräftige Markenidentität und ein klares Vorstellungsbild von der Marke bei den Zielgruppen aufzubauen. Unter den genannten Prämissen bietet sich für Bibliotheken auch hier die Markenführung über Subbrands bzw. Endorsed Brands an, wie es typisch für Dienstleistungsunternehmen ist.

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