Pressereise

Eine Möglichkeit der aktiven Kommunikation stellt die Pressereise dar, die inhaltlich und organisatorisch sehr gut vorbereitet sein will. 

Die Kraft des Visuellen

Ein Bild sagt oft mehr als tausend Worte – aber ein persönlicher Eindruck vor Ort (Situationen und Stimmungen erfassen) ist noch wertvoller und wirkt nachhaltiger, weil die Bilder und das Erlebte im Gedächtnis gespeichert sind.

In Zeiten immer knapper werdender Redaktionsbudgets sind Pressereisen einerseits beliebt, um den journalistischen Horizont zu erweitern oder kostengünstig und kompakt zu recherchieren. Es gibt aber auch Redaktionen die Teilnahme an Pressereisen grundsätzlich ablehnen, weil sie sich einem Interessenkonflikt ausgesetzt und ihre journalistische Unabhängigkeit korrumpiert sehen.

Aufmerksamkeit ist ein knappes Gut

Medienvertreter fürchten die „Blickverengung“: Selbst wenn sie kritisch über eine Reise zu einer Bibliothek oder zu einem Projekt berichten, so haben sie doch eben diese Bibliothek oder dieses Projekt ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt. Wenn dies wiederholt geschieht, wird es in den Augen der Journalisten PR-dominierte Aufmerksamkeitssteuerung – also „Blickverengung“. Deshalb gilt für die Gastgeber einer Reise: Nicht wundern, wenn Teilnehmer einer ersten Reise ein zweites Mal ablehnen oder weitere Berichterstattung unterbleibt.

Informationsangebot ist zulässig

Eine Pressereise ist eine unverbindliche Informationsreise. Klar muss sein: Man kauft als Veranstalter und Anbieter keine Berichterstattung durch die kostenlos ermöglichte Reisegelegenheit; das wäre ethisch verwerflich. Pressereisen sind auch nicht gleichzusetzen mit kostenlosem Urlaub für Redakteure – es sind Arbeitsreisen: Arbeitsreisen, die eine Vorbereitung und Nachbereitung nötig machen, die einen 12 – 16 Stunden Tag mit sich bringen, weil die Veranstalter sie oft völlig überfrachten und alles reinpacken, was sie immer schon mal zeigen wollten.

Wahrung der journalistischen Unabhängigkeit

Veranstalter dürfen nicht enttäuscht sein, wenn kein Artikel aus der Reise resultiert: Es gibt keine Pflicht zu berichten!

Es können auch keine Erwartungen gestellt werden an die Inhalte und Formen der Berichterstattung. Der Journalist prüft professionell, ob an den vorgegebene Themen etwas dran ist, ob die Gesprächspartner etwas zu sagen haben, ob die Veröffentlichung im Interesse seines Publikums ist.

Themensetting

Erfolgreiches Themensetting bedeutet, die eigene Perspektive mit den Ansprüchen und Interessen der Öffentlichkeit abzugleichen. Gleichzeitig aber gilt es zu überlegen, welche Themen unterstützen meine Ziele und was kann ich glaubwürdig und medienwirksam besetzen.

Was will ich zeigen? Was habe ich zu bieten? Mit welchen Botschaften möchte ich an die Öffentlichkeit gehen?

Die Themen müssen sorgfältig überlegt, aufeinander abgestimmt, möglichst abwechslungsreich an jeder Station der Reise sein.

Journalisten stehen unter permanentem Zeitdruck. Sie nehmen Termine nur wahr, wenn Ihnen zum Thema auch noch ein „Mehrwert“ geboten wird, z. B. verschiedene Sichtweisen, (exklusive) Interviewmöglichkeit, anschauliche Projektarbeit, gute „Geschichten“, starke Fotomotive, womöglich sogar Prominenz.

Die Konkurrenz um den begrenzten Platz in den Medien wächst kontinuierlich: Nur ein Prozent aller Informationen gelangt in die Medien.

Die Hauptaufgabe von Journalisten ist heutzutage zunehmend nur noch das Kontrollieren und Redigieren von Informationen, die in die Redaktionen angeliefert werden; für eigene Recherchen oder Ortstermine bleibt wenig Zeit. Die Flut der Meldungen und Themen wird selektiert: Als Selektionskriterien dienen ihnen die sog. „Nachrichtenfaktoren“, die man kennen sollte, wenn man im Rahmen der Programmgestaltung Themen identifizieren und präsentieren möchte: Informationen, die man anbietet, sollten möglichst viele der folgenden „Nachrichtenfaktoren“ erfüllen, nur dann haben sie eine Chance darauf, Interesse zu wecken:

  • einen aktuellen Aufhänger haben,
  • neue Ereignisse und Entwicklungen betreffen,
  • einen großen Nutzwert bieten,
  • für möglichst sehr viele Menschen bedeutsam sein; die Leser direkt betreffen oder in ihr räumlicher Nähe passieren,
  • kurios und/oder unterhaltsam sein,
  • seriös sein,
  • Gefühle schildern,
  • zu dem angesprochenen Medium passen.

Es ist anzuraten, die Berichterstattung der Medien, die man einladen möchte, zu verfolgen: Welche Themen stehen grade auf der Agenda der Medien? Hieran lässt sich ggf. anknüpfen.

Wahl der Orte und Projekte

Welche Orte sind repräsentativ – oder haben z.B. das Zeug zum „Leuchtturmprojekt“ (best practice)? Ggf. können an einem Ort mehrere – auch vielfältige Themen gezeigt, angesprochen und gebündelt werden, indem man die Spezialisten als Diskutanten und Präsentatoren zusammenholt. Dennoch sollte man den Programmablauf nicht überfrachten. Weniger ist oft mehr.

Wahl der Gesprächspartner

Eine Begrüßung durch die höchste Hierachiestufe vor Ort ist angebracht.
Nicht zwangsläufig muss der Leiter auf Grund seiner Stellung auch Interviewpartner sein – die Pluralität machte es – und auch der einfache Mitarbeiter bringt interessante Einblicke.

Es gilt, „Köpfe“ zu finden, die die Botschaften, die man rüberbringen möchte, auf den Punkt bringen – auch außerhalb vom Hierarchiendenken.

Frei nach dem Motto „reden und reden lassen“ sind nicht nur „Interne“ (Leiter oder Mitarbeiter von Bibliotheken), sondern auch Kunden/Nutzer als Gesprächspartner gefragt: den Leitern wird selbstverständlich ein Interesse in eigener Sache unterstellt – die (positiven) Aussagen von Nutzern sind oft wertvoller.

Das Programm

Das Programm sollte Abwechslung in den Formaten bringen: Mal ein Vortrag, eine Präsentation – dann eine Diskussion an der nächsten Etappe oder ein Besichtigung mit Fotomotiv.

Reist man innerhalb einer Region – sind die Wege zischen den Projekten kürzer – und man kann mehrer von Einzelnen zeigen. Im Durchschnitt reichen drei Tage für die gesamte Reise aus. Den Transfer von einem Projekt/Ort zum nächsten kann man z.B. sinnvoll füllen, indem Entscheider/Ansprechpartner mitreisen und sich für Gespräche zur Verfügung stellen. Dennoch: auch mal Pausen einplanen.

Zielgruppenbestimmung - Für welche Medien ist meine Botschaft interessant?

Die Medienlandschaft in Deutschland ist vielfältig: grundsätzlich können neben Printmedien, auch HF-Medien eingeladen werden (O-Töne einholen). Festangesellte Redakteure haben oft zu wenig oder keine Zeit – freie Journalisten klären in der Regel vorab bei ihren Auftraggebern ab, ob das Thema interessant/relevant ist, sprich – ob sie einen Beitrag unterbringen können. Online-Redakteure können viele Arten von Beiträgen generieren. TV-Teams melden sich in der Regel lieber exklusiv an und nehmen nicht an Gruppenreisen teil.

Basis ist ein regelmäßig und gut gepflegter Presseverteiler, damit die Einladung nicht auf dem falschen Schreibtisch landet. Vor dem Versand oder dem Aussprechen der Einladung sollte unbedingt der zuständige Redakteur/die zuständige Redakteurin ermittelt werden. Oder es muss zumindest sichergestellt sein, dass die Information den Entscheider erreicht. Telefonisch Nachfassen ist erlaubt.

Wer in Dialog mit den Medien steht, sollte die Redaktionsschwerpunkte und die Arbeitsbedingungen der Journalisten kennen: für wen ist welches Thema relevant? (Wissenschaft, Kultur, Bildung, Architektur, Regionales).

Das Interesse an regionaler Berichterstattung ist groß – also sollt man neben der überregionalen Presse auch die regionalen Medien einbeziehen und laden.

Terminplanung

Es empfiehlt sich eine Terminumfeldrecherche vor Festlegung der Reisetage: Kulturredaktionen haben zum Beispiel im Vorfeld oder während der Buchmessen keine Zeit für Pressereisen. Grundsätzlich sollte man frühzeitig mit den Einladungen/Anfragen beginnen (ca. 4 Wochen vor Reisebeginn).

Organisation

Die Kosten der An- und Abreise übernimmt in der Regel der Veranstalter (mit dem günstigsten Verkehrsmittel zum Startpunkt bzw. Heimfahrt ab Endpunkt. Man kümmert sich um Transfers und auch um die Übernachtungen. Bei den gemeinsamen Mittag- oder Abendessen können Diskussionen fortgeführt werden,, womöglich noch weitere Projektpartner/Diskutanten hinzugezogen werden.

Handout als Visitenkarte der gezeigten Orte/Projekte

Ein Handout kann im Prinzip analog einer Pressemappe gestaltet sein und sollte alle wichtigen Informationen zu den Orten bzw. Projekten enthalten: eine Inhaltsangabe empfiehlt sich, wenn sehr viele Paper folgen; ein kurzer Vorstellungstext zu den einzelnen Orten/Factsheets zu Projekten mit ihren Trägern, Zielsetzungen, Handlungsfeldern, Ergebnissen; Zitate von Trägern und Mentoren; Broschüren; ggf. auch Fotos.

Give aways sind tabu

Hier gilt die Regel: Keine Zuwendungen, mit denen implizit Loyalität oder Wohlwollen geschaffen werden sollen – was die kritische Berichterstattung erschwert oder unterbindet.

Evaluation

Durch die Dokumentation von Artikeln und ggf. Hörfunk-Beiträgen und deren Auswertung bekommt man einen Eindruck, wie man in den Medien dargestellt wird.
 
Redaktion und Kontakt
Text
Brigitta Wühr, dbv
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