Elektronisches Publizieren

Elektronisches Publizieren in den Wissenschaften

Grundlegender Wandel beim wissenschaftlichen Publizieren

Die Digitalisierung des Publikationsprozesses und das Aufkommen des Internet als Verbreitungs- und Kommunikationsmedium haben einen tiefgreifenden Wandel der traditionellen Publikationskette im Wissenschaftsbereich angestoßen.

Die frühere klare Rollenaufteilung zwischen dem Autor als Produzenten, dem Verlag als Koordinationsstelle für die Qualitätssicherung, Produktions- und Marketingzentrale sowie der Bibliothek als Informationsvermittler und -bewahrer ist einer ungleich komplexeren Publikationsstruktur gewichen.

Abgesehen von der Wissensproduktion und Qualitätsbewertung kann heute prinzipiell jede Partei an jeder beliebigen Stelle im Publikations- und Vermittlungsprozess aktiv werden.

Krise der wissenschaftlichen Literaturversorgung

Die wissenschaftliche Literaturversorgung befindet sich noch immer in der Krise. Die schwindelerregenden jährlichen Preissteigerungen im Bereich der naturwissenschaftlich-medizinischen Zeitschriften zwingen die Bibliotheken angesichts stark sinkender Etats dazu, Online- wie Printabonnements von Zeitschriften abzubestellen und darüber hinaus den Einkauf von Monographien weiter einzuschränken.

Wesentliche Ursachen dieser Entwicklung liegen im Konzentrationsprozess des Verlagswesens und in der Preispolitik von Marktführern wie Elsevier, Wiley, Informa oder Springer. Jährliche Preissteigerungsraten von 10% pro Jahr sind hier keine Seltenheit, während die Umsatzrendite bei 20-40% liegt.1

Open-Access als Lösungsansatz

Die Zeitschriftenkrise beförderte die verstärkte Diskussion einer nachhaltigen Wissenschaftskommunikation und des Open Access-Prinzips innerhalb des wissenschaftlichen Publizierens.
Open Access-Publikationen sind frei zugänglich und nachnutzbar, d.h. mit finanziellen, rechtlichen oder technischen Barrieren versehen.

Goldener Weg

Im Rahmen der sog. goldenen Strategie ermöglichen Open Access-Zeitschriften wie z.B. die Titel der Public Library of Science (PLoS) über das Internet weltweit einen kostenfreien Zugang zu ihren Inhalten. Auch die Publikation von Monografien in einem Open Access-Verlag wird hierunter verstanden.

Eine Liste der Open Access-Zeitschriften findet sich unter www.doaj.org.

In diesem Modell bezahlt in der Regel der Autor bzw. seine Institution oder Fördereinrichtung die Publikationskosten, bei Zeitschriften sog. Article Processing Charges (APC). Daneben gibt es jedoch noch zahlreiche Ansätze der Publikationsfinanzierung durch Konsortial-, Mitglieder-, Genossenschafts- oder Stiftungsmodelle. Ein Beispiel hierfür ist das über Mitgliedsbeiträge finanzierte PeerJ (peerj.com).

Beiträge dürfen unter Angabe des Urhebers frei heruntergeladen, genutzt, kopiert, gedruckt oder verteilt werden.

Die Qualitätssicherung erfolgt bei diesen Zeitschriften ebenso durch Peer-Review wie bei den Titeln des tradierten kommerziellen Geschäftsmodells auf Abonnementbasis.

Als sog. hybrides Open Acccess-Publizieren kann eine Variante bezeichnet werden, bei der neben der online bereitgestellten Open Access-Version auch eine kostenpflichtige Version veröffentlicht wird.2 Der korrektere Begriff hierfür ist jedoch Freemium Modell.3 Hybrides Open Access bezieht sich hingegen derzeit häufiger auf das Freikaufen von Artikeln aus Subskriptionszeitschriften. Dies wird auch als „Double Dipping“ bezeichnet, da das Bezahlen von OA-Artikelgebühren bislang nicht zu einer Reduktion der Subskriptionspreise wissenschaftlicher Zeitschriften geführt hat.4

Im Rahmen sog. „Offsetting-Modelle“ wird eine Überwindung des „zweifachen Abkassierens“ diskutiert und in ersten Ansätzen erprobt, etwa in Großbritannien, in den Niederlanden oder in Österreich. Diese sehen einen Ausgleich zwischen Lizenzzahlungen für Zeitschriften-Subskriptionen und Open Access-Publikationsgebühren vor. Wichtig dabei ist, dass im Rahmen eines klassischen Lizenzvertrages eine Betrachtung des Gesamtwertes einer Zeitschrift aus Autorensicht unternommen wird.

Grüner Weg

Neben den beschriebenen „goldenen“ Open-Access-Zeitschriften erlauben immer mehr Verlage zusätzlich zur gedruckten Veröffentlichung die Speicherung von Pre- bzw. Postprints in Publikationsservern (Repositories) an Universitäten oder Forschungseinrichtungen im Rahmen der „grünen“ Strategie.

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Durch den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur an Hochschulen oder anderen Einrichtungen wird die Möglichkeit geschaffen, die an der jeweiligen Hochschule oder in einem bestimmten Fachgebiet entstehenden wissenschaftlichen Publikationen weltweit zugänglich zu machen und längerfristig zu sichern.

Dies trägt entscheidend zur Verbreitung des elektronischen Publizierens als neuem Instrument wissenschaftlichen Arbeitens bei.

Der Begriff Publikationsserver steht dabei synonym für eine Dienstleistung, die nicht nur aus Hard- und Software besteht, sondern auch Menschen, Organisationen und Prozesse notwendigerweise mit einschließt.

Grüne und goldene Strategie ergänzen sich

Grüne und goldene Strategie des Open Access sind als komplementär zu werten. Beide tragen dazu bei, möglichst viele Publikationen frei zugänglich zu machen, um damit eine breitere Basis für Such- und Mehrwertdienste zu schaffen.

Institutioneller Ansatz im Rahmen des grünen Weges

Im Rahmen der grünen Strategie kann in der Regel eine bessere Betreuung und Beratung bei den notwendigen Schritten mit einem institutionellen Ansatz erreicht werden. Das bedeutet, dass Publikationsserver eher von den jeweiligen Universitäten und Forschungseinrichtungen für die Publikationen an eben diesen Einrichtungen aufgesetzt und verwaltet werden.

Es gibt aber auch in zunehmendem Maße fachliche Bestrebungen innerhalb der grünen Strategie (z.B. die fachlichen Publikationsserver bzw. Disciplinary Repositories wie SSOR, PsyDok oder EconStor). 

Ein bekanntes Beispiel für ein disziplinäres Repositorium ist das aus der Hochenergiephysik bereits 1991 entstandene arXiv.

Fachlicher Ansatz in der goldenen Strategie

Eine vollständige Publikationskette einschließlich Qualitätssicherung erreicht man im Rahmen der goldenen Strategie am besten durch einen fachbezogenen Ansatz. Das bedeutet, dass Publikationsservices eher fachlich ausgerichtet sind und sich weniger an der Organisationsstruktur von Einrichtungen orientieren.

Die Umsetzung hängt dabei entscheidend von Tradition und Kommunikationsverhalten im jeweiligen Fach ab und führt neben PLoS, BioMedCentral oder EGU (European Geosciences Union) zu Lösungen wie German Medical Science (GMS) oder Forum Qualitative Sozialforschung (FQS). Traditionelle Verlage beginnen, dieses Modell zu adaptieren (Springer Open, Wiley Open etc.).

Der institutionelle Ansatz (Universitätsverlage) bietet im Rahmen der goldenen Strategie Wissenschaftlern der jeweiligen Hochschule oder Forschungseinrichtung Verlagsdienstleistungen, die im Sinne des Non-Profit-Gedankens moderate Preise von Druckwerken mit der elektronischen Publikation unter Wahrung der Autorenrechte kombinieren. In den meisten Fällen betreuen die Zentralbibliotheken der Universitäten diesen Service für die Wissenschaftler.

Arbeitsgemeinschaft der Universitätsverlage

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dini AG Elektronisches Publizieren

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