Das LeipzigZimmer

Mit dem LeipzigZimmer ist mitten im Zentrum von Leipzig – in der Leipziger Stadtbibliothek – ein kreativer Freiraum für die Bürgerschaft entstanden. Das Projekt wurde im Rahmen des Programms hochdrei der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Heike Scholl von der Stadtbibliothek Leipzig berichtet von ihren Erfahrungen.

Heike Scholl: Das LeipzigZimmer ist ein neu kreierter Raum für innovative Angebote, mit dem das gesellschaftliche Miteinander gestärkt werden soll. Die Beteiligung der Leipziger*innen ist dabei gefragt, denn sie können das Programm selbst gestalten – fair, barrierefrei, inklusiv und zum Mitmachen einladend.

Im LeipzigZimmer ist die Stadt allgegenwärtig, denn Bücher zur Stadt und ihren Menschen stehen in den Regalen. Außerdem lädt eine Leipzig-Box ein, Rätsel und Knobelaufgaben zu lösen und eine interaktive Vitrine erlaubt einen Blick in die Schatzkammer der Leipziger Stadtbibliothek.

Mit diesem Angebot richten sich die Leipziger Städtischen Bibliotheken als kommunales Wissens- und Kreativzentrum neu aus. Sie bieten eine Ermöglichungskultur, indem sie eine Plattform für Initiativen und Akteure aus der Stadtgesellschaft bereitstellen und die Rahmenbedingungen (räumlich, technisch, organisatorisch) für selbstorganisierte Aktionen sowie Eigenbetätigung und damit gelebte Teilhabe schaffen. Es entstehen Möglichkeiten und Chancen, sich mehr zu vernetzen, Bürger*innen intensiver einzubeziehen und das bürgerschaftliche Engagement zu stärken.

Heike Scholl: Öffentliche Bibliotheken sind Orte der Begegnung, sozialer Verwurzelung und des Wissensaustausches und damit sogenannte Dritte Orte. Diese deutschlandweite Entwicklung bestärkte uns, mit diesem Projekt die Kernfunktion der Bibliothek als kommunales Wissens- und Kreativzentrum zu erweitern und den nichtkommerziellen, kostenfrei zu nutzenden Dritten Ort gezielter in den Mittelpunkt zu stellen.

Dabei haben wir auf das Engagement der Leipziger Stadtgesellschaft gesetzt. In Leipzig haben sich schon immer Bürger*innen stark beteiligt, sie wollen ihre Stadt weiterentwickeln, sich mit ihren Ideen einbringen und ihre Interessen selbst vertreten. Dafür braucht es Austausch und Vernetzung, es braucht einen frei zugänglichen Ort.

Heike Scholl: Wir sind als Bibliothek gut vernetzt und arbeiten regelmäßig mit den unterschiedlichsten Institutionen, Vereinen und Initiativen zusammen. Da sich das Projekt LeipzigZimmer an die Bürger*innen der Stadt richtet, lag es sehr nahe, die Stiftung „Bürger für Leipzig“ anzusprechen. Die Zusammenarbeit sollte dem LeipzigZimmer erste inhaltliche und methodische Impulse geben, außerdem sollte ein Teil des Programmes von der Stiftung kuratiert werden. Dabei orientieren sich die Inhalte am Selbstverständnis der Stiftung: nachhaltige Stadtentwicklung und Förderung bürgerschaftlichen Engagements.

Hinzu kamen Partner wie die Volkshochschule, die interessiert war, ihre kostenfreien Kurse mit kurzem Planungsvorlauf in das LeipzigZimmer umzusiedeln. Das Naturkundemuseum sah das LeipzigZimmer als geeigneten Ort, um öffentliche Beteiligung zum neu geplanten Museum zu gewährleisten und auch einen Wissenschaftsdisput zu etablieren. Die Villa gGmbH Soziokulturelles Zentrum wollte die Chancen nutzen, die in der Vernetzung der unterschiedlichsten Akteure besteht.

Mit Bekanntwerden des Vorhabens kamen diese Partner gegenseitig aufeinander zu, denn die Vorteile und Möglichkeiten im Projekt und in der Zusammenarbeit waren sehr transparent und verlockend.

Heike Scholl: Bei der Gestaltung des Raums stand eine Grundidee im Mittelpunkt: Der Raum sollte eine neue Ausstrahlungskraft und besondere Atmosphäre bekommen und er sollte flexibel nutzbar sein.

Die Farb- und Wandgestaltung, Licht, Akustik sowie die Zonierung des Raums in ruhige und aktionsreiche Bereiche wurden ebenso thematisiert wie die flexible Ausstattung.

In der Stadtbibliothek sollte ein Raum entstehen, der barrierefrei, fair, informell, inspirierend und persönlich zugleich ist.

Heike Scholl: Bereits zu Beginn des Projektes – mit den Umbauarbeiten – informierte eine Hinweistafel im Raum über die Idee des LeipzigZimmers und machte neugierig. Wünsche zur Nutzung konnten zu diesem Zeitpunkt bereits von den Leipziger*innen eingereicht werden. Im Herbst 2019 stand der Aktionstag der Stadtbibliothek unter dem Thema „Leipzig“, und erste neue Formate wurden im LeipzigZimmer sichtbar.

Die Vertreter*innen der Medien interessierten sich frühzeitig für das Projekt, so dass aktuelle Informationen zum Stand schon in der „Vorschauphase“ gegeben werden konnten.
Für das Bekanntwerden des LeipzigZimmers wurde im Herbst 2019 ein Werbekonzept erstellt, das u. a. eine kreative Leitidee und die Entwicklung einer Wort-Bild-Marke beinhaltete. Das LeipzigZimmer wurde damit auch grafisch sichtbar.

Höhepunkt war die Eröffnung des LeipzigZimmers im Januar 2020. Hier wurde das Projekt auf verschiedenen Kanälen besonders intensiv beworben und die unterschiedlichsten Materialien im Print- und Onlinebereich kamen zum Einsatz.

Die darauffolgenden Aktionen und Veranstaltungen mit einer breiten Palette von Themen, die mit kooperierenden Organisationen umgesetzt wurden, stellten außerdem sicher, dass das Konzept des LeipzigZimmers schnell von den Nutzer*innen verstanden und in die Breite kommuniziert wurde.

Heike Scholl: Nach der Eröffnung füllte sich der Kalender mit Aktionen zu den unterschiedlichsten Themen und Formaten. Noch war der Buchungskalender nicht online, so dass eine Anmeldung nur per E-Mail möglich war. Das Angebot wurde gut genutzt. Zu Gast waren u. a. die Leipziger Denkmalstiftung, Initiative foodsharing, Cradle to Cradle e. V., Volkshochschule Leipzig, Naturkundemuseum, Batzen e. V. und viele andere. Es fand ein Stricktreff, ein Junghackertag, der Stiftungstag der Stiftung Bürger für Leipzig statt, es trafen sich Bienenfreunde, Sportfans, Technikfreaks.

Leider mussten wir alle geplanten Aktionen ab März 2020 abbrechen. Corona bremste die Veranstaltungstätigkeit im LeipzigZimmer komplett aus. Anhand vieler Nachfragen wissen wir jedoch, dass das Interesse ungebrochen ist. Im Herbst 2020 werden wieder einige Aktionen geplant, bei denen die coronabedingten Vorgaben berücksichtigt werden können.

Heike Scholl: Die Etablierung des Raums ist ein Experiment. Wir wollten herausfinden, inwieweit der Raum als Plattform für die Stadtgesellschaft von der Bibliothek selbst moderiert und gesteuert werden muss. Kann sich die Bibliothek bei der Betreuung und Organisation der Aktionen zurückhalten, funktioniert die Selbstorganisation, handelt jeder eigenverantwortlich? Sind die angebotenen Lösungen wie Ausstattung, Arbeitsinstrumente, Informationen praktikabel und ausreichend?

Das LeipzigZimmer bringt viele Veränderungen sowohl für die Nutzer*innen als auch für Mitarbeiter*innen mit sich. Es braucht Zeit sowie Offenheit, um sich gegenseitig anders wahrzunehmen und zu respektieren. Dieser Herausforderung müssen wir uns nach wie vor stellen. Denn noch ist das Projekt nicht beendet und es gilt, einige Fragen abschließend zu beantworten. Bisher kann jedoch ein positives Fazit gezogen werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass das Konzept des LeipzigZimmers angenommen wird, der Bedarf in der Stadtgesellschaft vorhanden ist und die Leipziger Bevölkerung solch ein Angebot von ihrer Bibliothek erwartet.

Redaktion und Kontakt

Das Interview führte Sophie Zue am 11. August 2020.

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