Vielfalt der Unterhaltsträger
Die Vielfalt der verschiedenen Bibliothekstypen zählt zu den herausragenden Merkmalen, die das deutsche Bibliothekswesen prägen. Dies hängt auch mit der Vielfalt der Unterhaltsträger von Bibliotheken zusammen, die hier dargestellt werden.
Öffentliche Träger
Da die Zuständigkeit für Wissenschaft und Bildung, Kultur und Kunst, fast ausschließlich den Ländern vorbehalten ist, tritt der Bund als Bibliotheksträger in relativ wenigen Fällen in Erscheinung.
Unter den vom Bund getragenen Bibliotheken ist vor allem die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) hervorzuheben, die zum Geschäftsbereich des/der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gehört. Bedeutend sind auch die Bibliothek des Deutschen Bundestages in Berlin, die Bibliotheken der Bundesministerien, Bundesbehörden, Bundesgerichte, Bundesforschungsanstalten sowie über 60 Bibliotheken im Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung, darunter die der beiden Universitäten der Bundeswehr in Hamburg und Neubiberg (bei München) sowie die der Bundeswehrakademie für Information und Kommunikation in Strausberg.
Der Bund beteiligt sich ferner an der Finanzierung einzelner Bibliotheken und Einrichtungen mit überregionaler Bedeutung. Gemeinsam von Bund und Ländern werden die über 90 außeruniversitären Forschungsinstitute gefördert, die in der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. zusammengeschlossen sind und über entsprechende Spezialbibliotheken verfügen. Durch eine gemischte Bund-Länder-Finanzierung der Betriebskosten werden auch die beiden größten Universalbibliotheken in Deutschland, die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (SBB-PK) und die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) in München getragen.
Infrastruktureinrichtungen der Wissenschaft und deshalb Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft sind die Zentralen Fachbibliotheken für Technik (TIB in Hannover) und Wirtschaft (ZBW in Kiel und Hamburg) sowie die ZB-MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften (in Köln und Bonn). Eine Mischfinanzierung genießen auch die großen Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft oder die Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, die bedeutende wissenschaftliche Spezialbibliotheken unterhalten.
Wegen der grundgesetzlich verbrieften Kulturhoheit sind in Deutschland die Länder die wichtigsten Träger wissenschaftlicher Bibliotheken. In die Zuständigkeit der Bundesländer fallen nahezu alle Hochschulen und damit auch die Hochschul- und Univeritätsbibliotheken, außerdem die Staats-, Landes- und Regionalbibliotheken. Zu erwähnen sind zudem die Bibliotheken der Länderparlamente, der Landesbehörden und Landesforschungsanstalten, der staatlichen Archive und Museen.
Bedeutendste Träger der Öffentlichen Bibliotheken sind die Städte und Gemeinden, die im Rahmen der grundgesetzlich verankerten kommunalen Selbstverwaltung von ihrem Recht, eine Stadtbibliothek oder Gemeindebücherei zu unterhalten, Gebrauch machen können und dies in vielen Fällen auch tun (Kulturautonomie und kulturelle Daseinsvorsorge).
In manchen Bundesländern unterhalten die Landkreise eigene Fahrbibliotheken, zentrale Kreisbibliotheken oder Kreisergänzungsbibliotheken sowie zusammen mit Gemeinden und dem Land Büchereizentralen bzw. Staatliche Fachstellen; in einigen Fällen gewähren sie den Kommunen für ihre Stadt- und Gemeindebibliotheken finanzielle Zuschüsse für Bau, Einrichtung und Ausstattung sowie für Medienerwerb.
Mehrere öffentlich-rechtliche Stiftungen sind Träger bedeutender Bibliotheken. Hier sind die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit der Staatsbibliothek zu Berlin und die Klassik Stiftung Weimar mit der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar in erster Linie zu nennen.
Weitere öffentlich-rechtliche Stiftungen, die eigene Bibliotheken unterhalten und dafür auf die Finanzzuwendungen der Gebietskörperschaften angewiesen sind, sind die Franckeschen Stiftungen in Halle an der Saale mit ihrer sog. Hauptbibliothek und die Stiftung Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg mit ihrer bedeutenden Spezialbibliothek.
Als Stiftungen geführt werden die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, unter deren Dach die Berliner Stadtbibliothek, die Amerika-Gedenk-Bibliothek (AGB) und die Senatsbibliothek vereinigt sind, sowie die ZBW – Leibniz Informationszentrum Wirtschaft (ZBW) in Kiel und Hamburg.
Kirchliche Träger
Sowohl die Katholische als auch die Evangelische Kirche besitzen eine große Zahl von Bibliotheken.
Dem Typ der geisteswissenschaftlichen Spezialbibliothek gehören die Dom-, Diözesan- und Landeskirchlichen Bibliotheken an, außerdem die Bibliotheken der Priesterseminare und anderer kirchlicher Einrichtungen und Verbände. Integraler Bestandteil des wissenschaftlichen Bibliothekswesens sind zudem die Bibliotheken der kirchlichen Hochschulen wie beispielsweise der Katholischen Universität Eichstätt. Die meisten von ihnen sind in der Arbeitsgemeinschaft Katholisch-Theologischer Bibliotheken (AkthB) und im Verband kirchlich-wissenschaftlicher Bibliotheken (VkwB) organisiert.
Die Ordens- und Klosterbibliotheken haben abhängig von Geschichte, Ordensprofil und Aufgaben der jeweiligen Bibliotheken ein sehr unterschiedliches Bestandsprofil, es reicht von großen theologisch-philosophischen Bibliotheken, wie z. B. in den Benediktinerabteien Beuron, Billerbeck, Ettal und Maria Laach, bis hin zu kleineren Spezialbibliotheken mit überwiegend ordensspezifischen Publikationen oder theologischen Gebrauchsbibliotheken.
Kleine, meist ehrenamtlich geführte Öffentliche Bibliotheken unterhalten die Kirchen auf der Ebene ihrer Pfarr- und Kirchengemeinden. In nicht wenigen ländlichen Regionen erfüllen kirchliche Bibliotheken wegen des Fehlens kommunaler Einrichtungen die Aufgaben der allgemeinen Literaturversorgung.
Private Träger
Private Träger von Bibliotheken können sowohl Firmen und Vereine als auch Privatpersonen sein. Viele große Wirtschaftsunternehmen besitzen für Zwecke der Forschung und Entwicklung eigene Bibliotheks- und Informationseinrichtungen, die sich auf die Literaturbedürfnisse der Mitarbeitenden dieser Firmen spezialisiert haben und meist nicht öffentlich zugänglich sind.
Dem Typ der wissenschaftlichen Spezialbibliothek gehören auch die Bibliotheken an, die von Vereinen mit wirtschaftlicher, berufsständischer, wissenschaftlicher oder ideeller Zielsetzung zur Unterstützung ihrer Arbeit aufgebaut wurden. Privatpersonen als Besitzer*innen großer, der Öffentlichkeit zugänglicher Bibliotheken sind in Deutschland selten geworden. Nur in Ausnahmefällen haben sich private Sammlungen in der Hand des Adels erhalten (Regensburg, Sigmaringen).
Als größtes Bibliothekssystem in einer Großstadt in Deutschland gelten die in Trägerschaft einer Stiftung des privaten Rechts stehenden, 1899 gegründeten Bücherhallen im Stadtstaat Hamburg.
Redaktion und Kontakt
Autor der Bearbeitung
Jürgen Seefeldt
Die statistischen Zahlen zu Bibliotheken in Deutschland werden jährlich von der Redaktion mit den Zahlen der Deutschen Bibliotheksstatistik abgeglichen.
Ausführliche Quellenangabe