Spezialbibliotheken

Spezial- und Fachbibliotheken

Im Kreis der wissenschaftlichen Bibliotheken bilden in Deutschland die Spezialbibliotheken mit mehr als 2.500 Einrichtungen die größte, aber auch die heterogenste Gruppe.

Ihre Träger können öffentliche Körperschaften sowie kirchliche und private Einrichtungen sein. Allen gemeinsam ist die Beschränkung auf ein bestimmtes Fachgebiet und die Bindung an eine Institution, für deren Informations- und Literaturversorgung sie ausschließlich oder überwiegend zuständig sind.

Die Erwerbung neuer Medien ist auf den aktuellen und praktischen Bedarf der Mitarbeiter*innen der betreffenden Institution ausgerichtet und berücksichtigt besonders auch die außerhalb des Buchhandels erscheinenden Schriften.

Weitaus wichtiger aber als Monografien sind in den Spezial- und Fachbibliotheken gedruckte wie auch elektronische Zeitschriften. Besonders in den naturwissenschaftlich-technisch ausgerichteten Spezialbibliotheken verdrängt die Vermittlung online verfügbarer Informationen zunehmend die traditionelle Form der Literaturversorgung.

Die Erschließung der Bestände geht oft über eine Katalogisierung hinaus und umfasst eine intensive Dokumentationstätigkeit und das Angebot individueller, auf einzelne Nutzer*innen zugeschnittene Dienste.

Spezialbibliotheken sind im Allgemeinen Präsenzbibliotheken, auch wenn sich viele von ihnen am Deutschen Leihverkehr beteiligen. Da sie in der Regel für ein eng begrenztes Klientel arbeiten, dessen Informationsbedürfnisse und Literaturwünsche bekannt sind, ist der Dienstleistungsgedanke in den Spezialbibliotheken besonders ausgeprägt.

Ein Forum der Zusammenarbeit bietet die 1946 gegründete Arbeitsgemeinschaft der Spezialbibliotheken e.V. (ASpB). Wie heterogen die Landschaft der Spezialbibliotheken ist, dokumentiert auch die Vielzahl der Fachgruppen, die die ASpB als wichtige Klammer sehen. Dazu gehören u.a.

  • Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheken und Dokumentationsstellen der Ost-, Ostmittel- und Südeuropaforschung e.V. (ABDOS) 
  • Arbeitsgemeinschaft Bibliotheken privater Hochschulen (AG BpH) 
  • Arbeitsgemeinschaft für medizinisches Bibliothekswesen e.V. (AGMB)
  • Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken (AKMB)
  • Arbeitsgemeinschaft Katholisch-Theologischer Bibliotheken (AKThB)
  • Arbeitsgemeinschaft der Parlaments- und Behördenbibliotheken (APBB).

Parlaments-, Behörden und Gerichtsbibliotheken

Innerhalb der großen Zahl der Spezialbibliotheken bilden die über 500 Parlaments-, Behörden- und Gerichtsbibliotheken eine recht homogene Gruppierung. Diese meist erst nach 1945 entstandenen Einrichtungen dienen der Verwaltung und Rechtsprechung und sind spezialisiert auf den Erwerb juristischer und politischer Literatur, darunter Amtsdruckschriften und “graues“ Schrifttum.

Auch sie sind Präsenzbibliotheken und lassen die Öffentlichkeit nur eingeschränkt oder gar nicht zu. Zu nennen sind hier die Bibliothek des Deutschen Bundestages (Berlin), die Bibliotheken der Parlamente und Regierungen der Länder sowie die Bibliotheken der Ministerien und der obersten Bundesbehörden.
Im Einzelfall verfügen sie über größere Medienbestände wie z.B. die Senatsbibliothek in Berlin (als Bestandteil Zentral- und Landesbibliothek Berlin), die Bibliotheken des Auswärtigen Amtes in Berlin, die Bibliotheken des Deutschen Patentamtes in München und des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden.
Unter den Bibliotheken der Gerichte der Länder und des Bundes ragen diejenigen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe heraus. Wie in allen Spezialbibliotheken spielen auch in den Gerichtsbibliotheken neben Büchern und Zeitschriften, Mikroformen und elektronischen Medien, andere Literatur- und Mediengattungen eine wichtige Rolle, z.B. umfasst das Bundesverfassungsgericht über 1,2 Mio. dokumentierte Presseausschnitte.

Spezialbibliotheken im engeren Sinne für Forschungszwecke

Zu den Spezialbibliotheken im engeren Sinn gehören sowohl die Bibliotheken der Forschungsinstitute des Bundes und der Länder, der wissenschaftlichen Gesellschaften, der Archive, Museen und Kliniken als auch der kirchlichen Körperschaften und Einrichtungen einschließlich der Klöster sowie der Firmen, Verbände, Vereine und Gesellschaften.

Der Umfang der Sammlungen differiert sehr stark und reicht von weit über einer Mio. Bände bis zu wenigen Tausend Titeln. Ebenso stark variiert die Zahl der Mitarbeitenden; nicht wenige Spezialbibliotheken lassen sich als One Person Libraries (OPL) bezeichnen, also Einrichtungen, in denen kaum mehr als eine Bibliotheksfachkraft mit Allround-Fähigkeiten für alle Arbeitsbereiche zuständig ist.

Spezialbibliotheken mit naturwissenschaftlich-technischem Schwerpunkt

Aus dem breiten, alle Disziplinen umfassenden Spektrum der Spezialbibliotheken können nur wenige Beispiele angeführt werden.

Zahlreich vertreten sind die Spezialbibliotheken auf dem Gebiet der reinen und angewandten Naturwissenschaften und der Technik, so etwa die Bibliothek des Deutschen Museums in München, Spezialbibliothek für Naturwissenschaften und Technik und deren Geschichte, die Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich GmbH und die Bibliothek der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften in Halle/Saale.

Für das Gebiet der Medizin sind die Zentralbibliothek des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg und die Ärztliche Zentralbibliothek des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf von Bedeutung.

Spezialbibliotheken mit geisteswissenschaftlichem Schwerpunkt

In den besonders auf Literatur angewiesenen Geisteswissenschaften spielen die Spezialbibliotheken eine wichtige, die außeruniversitäre Forschung, unterstützende Rolle.

Hier sind zu nennen: die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn, als parteinahe Einrichtung spezialisiert auf die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Arbeiterbewegung, die Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin, die Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, deren Sammelgebiet die Kunst- und Kulturgeschichte abdeckt und die Bibliothek des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften in Potsdam. Erwähnenswert ist zudem das Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar, das als Sammelstelle für die Überlieferung der deutschsprachigen Literatur von der Aufklärung bis zur Gegenwart gleichermaßen Archiv und Bibliothek ist.

Auf dem Gebiet der Religion und Theologie dominieren die Spezialbibliotheken in kirchlicher Trägerschaft. Sie dienen der wissenschaftlichen Forschung, der kirchlichen Verwaltung und der Theolog*innenenausbildung. Dazu zählen auf katholischer Seite etwa Klosterbibliotheken Benediktinerabtei Beuron, Benediktinerabtei Maria Laach und Diözesanbibliotheken (Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek in Köln) sowie die Bibliotheken der Priesterseminare (Bischöfliches Priesterseminar Trier). Auf evangelischer Seite gibt es die Bibliotheken der Landeskirchen (Nordelbische Kirchenbibliothek in Hamburg). Von einer kirchlichen Stiftung bürgerlichen Rechts wird die Johannes a Lasco Bibliothek in Emden getragen, eine Spezialbibliothek für den reformierten Protestantismus und die Konfessionsgeschichte der Frühen Neuzeit.

In den Staats-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften haben die Parlaments-, Behörden- und Gerichtsbibliotheken eine große Bedeutung. Daneben spielen die verschiedenen Max-Planck-Institute, die auf einzelne Zweige des Rechts spezialisiert sind und entsprechende Fachbibliotheken unterhalten, eine Rolle. Sie sitzen in Freiburg, Frankfurt am Main, Hamburg, Heidelberg und mit zwei Institutionen in München. Dokumente zum Geld-, Bank- und Börsenwesen sowie zur Konjunkturpolitik sammelt die Bibliothek der Deutschen Bundesbank.

Spezialbibliotheken der Museen / Museumsbibliotheken

Eine zahlenmäßig große Gruppe innerhalb der Spezialbibliotheken bilden die Bibliotheken der Museen, welche neben den Archiven und Bibliotheken zu den wichtigsten Gedächtnisinstitutionen zählen. Allen gemeinsam sind die vier Prinzipien der Museumsarbeit: Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln. Ihre strategische Ausrichtung entspricht meist dem Konzept der „Embedded Library”: Bibliothekar*innen sind mit ihren bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen Kenntnissen und Kompetenzen Teil des Museumsteams und fördern so die tägliche Arbeit ihrer Institution. Auch als „Orte kuratorischer Praxis” beginnen sie sich einen Namen zu machen, indem sie in ihren Räumen interessante Exponate vorstellen.

Die jährliche Statistik des Instituts für Museumsforschung weist für 2021 etwa 7.000 Museen und 525 Ausstellungshäuser nach. Im Deutschen Museumsbund, dem zentralen Interessenverband der Museen, sind etwa 1.000 Museen organisiert. Ein nicht geringer Teil von ihnen besitzt eine Museumsbibliothek, die personell und sächlich sehr unterschiedlich ausgestattet sein kann und deren Sammlungsprofil meist eng auf die Trägerinstitution zugeschnitten ist. Einige Museumsbibliotheken haben sich örtlich oder regional vernetzt und mit anderen Kulturinstitutionen gemeinsame Internet-Verbundkataloge aufgebaut, so etwa in Bonn, Düsseldorf, Frankfurt/Main und Offenbach. Herausragende Beispiele mit oft einzigartigen Sammlungen, manchmal digital nur teilerschlossen, bilden beispielsweise die Bibliothek des Museums für Naturkunde in Berlin, die Kunst- und Museumsbibliothek in Köln, die Bibliotheken des Deutschen Museums in München, der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe oder des Museums am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt in Hamburg.

Deutsche Spezialbibliotheken im Ausland

Einige namhafte Spezialbibliotheken haben ihren Sitz im Ausland.
Zu ihnen zählen die Bibliotheken des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, Bagdad, Istanbul, Kairo, Lissabon, Madrid, Rom und Teheran, außerdem die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz und die Bibliotheca Hertziana in Rom sowie die Bibliotheken der Institute der Max Weber Stiftung – Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland in Beirut, Istanbul, London, Moskau, Paris, Rom, Tokio, Warschau und Washington. Sie pflegen vor allem die Gebiete Archäologie, Geschichte, Kunstgeschichte, Orientalistik und Japanologie.

Die Goethe-Institute unterhalten Spezialbibliotheken und Lesesäle mit Literatur und Medien über Deutschland und wenden sich an die breite Öffentlichkeit ihres Gastlandes. Sie wirken eng mit der Sprach- und Programmarbeit der Institute zusammen. Da sie aktuelle Informationen bieten sollen, findet ein kontinuierlicher Bestandsaustausch statt; eine Archivfunktion besteht nicht.

Redaktion und Kontakt

Autor der Bearbeitung
Jürgen Seefeldt
(Stand: September 2022)

Die statistischen Zahlen zu Bibliotheken in Deutschland werden jährlich von der Redaktion mit den Zahlen der Deutschen Bibliotheksstatistik abgeglichen.

Ausführliche Quellenangabe

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