Dokumentationseinrichtungen

IuD-Programme zur Förderung von Information und Dokumentation

Im Jahr 1974 begann in Deutschland erstmals der planvolle Ausbau eines Netzes von Informations- und Dokumentationseinrichtungen. Auslöser war das Programm der Bundesregierung zur Förderung von Information und Dokumentation 1974-1977 („IuD-Programm“).

Da die Fachinformation grundsätzlich als Wirtschaftszweig angesehen wird, der sich auf dem Markt zu behaupten hat, verstanden sich das erste und noch deutlicher die folgenden IuD-Programme eher als Beitrag zur Wirtschaftsförderung als zur Wissenschaftsförderung. Der Schwerpunkt der Programme lag daher vor allem auf dem Gebiet der Natur- und Ingenieurwissenschaften.

Von entscheidender Bedeutung für die Bibliotheken war im Rahmen der IuD-Programme die Bildung von Fachinformationssystemen (FIS) mit Fachinformationszentren (FIZ) durch die Zusammenfassung bereits bestehender Einrichtungen. Der Aufbau fachspezifischer Datenbanken und das vermehrte Angebot an Literaturnachweisen führten seit den 1990er Jahren zu einer steigenden Nachfrage nach Fachliteratur, insbesondere nach Zeitschriftenaufsätzen.

Die Aufgabe, die von den Fachinformationszentren nachgewiesenen Dokumente bereitzustellen, entfiel anfangs vor allem auf die Zentralen Fachbibliotheken (TIB Hannover, ZB-MED Köln/Bonn, ZBW Kiel/Hamburg). Sie wird heute unter Nutzung elektronischer Vertriebswege recht stark durch die Fachinformationszentren selbst erledigt. Da die Fachinformation eine Ware ist, sind alle angebotenen Dienstleistungen, von der Recherche bis zur Dokumentlieferung, entgeltpflichtig.

Das Fachinformationszentrum Karlsruhe (FIZ)

Beispiel für ein renommiertes Institut ist das 1977 gegründete FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur. Es ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die in öffentlichem Auftrag weltweit publizierte wissenschaftliche Information zugänglich macht und entsprechende Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Hierfür erschließt das FIZ Karlsruhe sehr große Mengen an Daten aus unterschiedlichsten Quellen, entwickelt und betreibt innovative Informations-Services sowie E-Research-Lösungen und führt eigene Forschungsprojekte durch. Damit unterstützt FIZ Karlsruhe als eine der größten außeruniversitären Informationsinfrastruktureinrichtungen und als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft den nationalen und internationalen Wissenstransfer und die Innovationsförderung.

Seit 1984 betreibt das FIZ Karlsruhe als Hauptgeschäftsfeld den Host STN International (Scientific and Technical Information Network) in Europa. STN International ist heute einer der weltweit führenden Online-Dienste für Forschungs- und Patentinformation: 200 Literatur- und Faktendatenbanken mit rund 800 Mio. strukturierten Dokumentationseinheiten stehen online zum Abruf bereit.

Dabei werden alle Teilgebiete von Naturwissenschaft und Technik sowie die internationale Patentinformation berücksichtigt. In Kooperation mit bibliothekarischen Partnern beschafft das FIZ Karlsruhe für seine Kunden die gewünschten Informationen und ermöglicht mit seinem Dokumentlieferservice FIZ AutoDoc den schnellen Zugriff auf Volltexte. Darüber hinaus bietet es innovative E-Research-Lösungen zur disziplinunabhängigen Unterstützung des gesamten Forschungsprozesses, von der Idee bis zur Publikation und Langzeitarchivierung, und gewährleistet seit 2012 den technischen Betrieb der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) als Teil der Europeana.

Neue Informationsverbünde zur wissenschaftlichen Informationsversorgung

Zu Beginn des 21. Jahrhundert wurde dank der Gründung von „Informationsverbünden“ ein weiterer Anlauf zur Verbesserung der Kooperation zwischen den Fachinformationszentren und den Zentralen Fachbibliotheken unternommen. Die Initiative ging vom „Strategischen Positionspapier“ des BMBF aus, das 2002 unter dem Titel „Information vernetzen – Wissen aktivieren“ erschien.

In den neuen Informationsverbünden kooperieren Datenbankanbieter, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen eines Fachgebietes, um gemeinsam Dienstleistungen zur Literatur- und Informationsversorgung für dieses Fach aufbauen und betreiben zu können.

Als Anbieter für die professionelle Versorgung mit wissenschaftlichen Volltexten inkl. der Dienste kommerzieller Verlage boten die Informationsverbünde ihren Kunden die Möglichkeit, Materialien per Subskription zu bestellen oder im Pay-per-view-Verfahren zu nutzen.

Bisher sind neben dem FIZ Karlsruhe und DIMDI (Köln), das seit 2020 zum Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gehört, weitere Einrichtungen zu den Fächern Technik (Frankfurt am Main), Chemie (Berlin), Raum und Bau (Stuttgart), Agrarwesen (Bonn), Recht sowie Psychologie (beide Saarbrücken) als Informationsverbünde entstanden, die gemeinsam mit den Virtuellen Fachbibliotheken und der Elektronischen Zeitschriften-Bibliothek in der Koordinierungseinrichtung Vascoda den Kern eines nationalen Wissenschaftsportals bildeten. Im Juni 2011 gab der Vascoda e.V. jedoch bekannt, sich im gleichen Jahr aufzulösen. Seitdem ist die Landschaft der Fachinformation in Deutschland weiter im Umbruch.

Im Jahr 2009 beauftragte die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder (GWK) die Leibniz-Gemeinschaft mit der Erarbeitung eines Konzeptes zur Fachinformationsinfrastruktur.

Die im April 2011 vorgelegten „Empfehlungen der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur“ (KII) listen acht zentrale Handlungsfelder auf:

  • Lizenzierung
  • Hosting / Langzeitarchivierung
  • Nichttextuelle Materialien
  • Retrodigitalisierung / Kulturelles Erbe
  • Virtuelle Forschungsumgebungen
  • Open Access
  • Forschungsdaten
  • Informationskompetenz / Ausbildung

Zu jedem dieser Handlungsfelder gibt es konkrete Empfehlungen, die insbesondere auf die Vernetzung der beteiligten Akteure untereinander und mit weiteren Infrastruktureinrichtungen Wert legen.

Die KII-Konzeption versteht sich als nationales Gesamtkonzept. Auf Ebene der Bundesländer fand es seine Fortsetzung, so etwa in dem Fachkonzept zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Infrastruktur in Baden-Württemberg, das 2014 unter dem Titel „E-Science“ veröffentlicht wurde und fünf der KII-Handlungsfelder aufgreift. Die Bereiche Lizenzierung, Digitalisierung, Open Access, Forschungsdatenmanagement und Virtuelle Forschungsumgebungen benennen die zentralen Herausforderungen, vor denen die wissenschaftlichen Bibliotheken Deutschlands gegenwärtig stehen.

Redaktion und Kontakt

Autor der Bearbeitung
Jürgen Seefeldt
(Stand: September 2022)

Die statistischen Zahlen zu Bibliotheken in Deutschland werden jährlich von der Redaktion mit den Zahlen der Deutschen Bibliotheksstatistik abgeglichen.

Ausführliche Quellenangabe

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