Gemeinsam für BNE in Schleswig-Holstein

Interview mit Susanne Brandt

Tisch mit Flyern und Infomaterialien der Zukunftsbibliotheken SH, Informationen zur mobilen Saatgutbibliothek und ein Kalender der Büchereizentrale Schleswig-Holstein zur Agenda 2030

Im Sommer 2021 hat der Schleswig-Holsteinische Landtag eine „Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet, an der u.a. die Büchereizentrale Schleswig-Holstein mitgearbeitet hat. Susanne Brandt, Lektorin bei der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, berichtet im Interview vom Engagement der Büchereizentrale im Bereich Nachhaltigkeit.

 

Wie kam es dazu, dass die Büchereizentrale Schleswig-Holstein in den Prozess zur Entwicklung der Landesstrategie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Schleswig-Holstein einbezogen wurde?

Susanne Brandt: Wir waren als Stakeholder zur Beteiligung eingeladen – neben vielen anderen Organisationen und Vereinen, die sich seit Jahren in unterschiedlicher Weise im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung engagieren. Im Rahmen von Workshops in 2019 und 2020 sowie einer Konsultationsphase wurde die Zivilgesellschaft in den Prozess der Strategieentwicklung einbezogen.

Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits seit mehr als fünf Jahren mit verschiedenen Projekten, die landesweit in den Bibliotheken zur Umsetzung kommen, in Sachen Nachhaltigkeit und BNE unterwegs und gehörten somit zum „Netzwerk der Aktiven“, etwa durch unser Ziel, eine NUN-Zertifizierung für BNE zu erlangen. Dies wie der gesamte Prozess setzt voraus, dass man sich nicht allein im bibliothekarischen Kontext bewegt und keineswegs nur die Interessen der Bibliotheken vertritt, sondern vor allem offen dafür ist, dauerhaft und lernbereit mit Aktiven aus anderen Engagementbereichen zu kooperieren.  Das ist durchaus mit Mehrarbeit und einer ausgeprägten Bereitschaft für selbstkritische Veränderungen des eigenen Tuns verbunden.

Die Landesstrategie BNE in Schleswig-Holstein ist dabei gleichermaßen Ergebnis wie auch Anfang einer mehrjährigen gemeinsamen Weiterentwicklung. Die Büchereizentrale versteht sich hier einerseits als Koordinatorin und Impulsgeberin für das nachhaltige Engagement der Bibliotheken in Schleswig-Holstein, wie es seit 2021 vor allem über die Seite www.zukunftsbibliotheken-sh.de öffentlich und konkret als Gemeinschaftsaufgabe sichtbar wird. Nicht weniger geht es aber auch um die Bereitschaft, sich zugleich außerhalb des Bibliothekswesens aktiv mit einzubringen und Solidarität mit anderen zu üben im Interesse von gemeinsamen Anliegen.

Inwiefern finden Bibliotheken in der Landesstrategie Erwähnung?

Brandt: Ausdrücklich in der Landesstrategie erwähnt werden Öffentliche Bibliotheken neben anderen im Handlungsfeld I „Frühkindliche Bildung“ wie auch im Handlungsfeld V „Non-formale Bildung“. So heißt es dort u.a.: „…die örtlichen Büchereien und Fahrbü­chereien stellen Kitas landesweit Medienkisten zur Verfügung, die BNE gezielt unterstützen und Impulse für die Praxis geben. Auch im Rahmen des vom Land geförderten Projekts „Mit Worten wachsen“ werden speziell für Sprach-Kitas Themen-Boxen angeboten, die in ihren Schwerpunkten teils auf BNE ausgerichtet sind. So kön­nen Kindertageseinrichtungen von Kooperationen mit kommunalen Partnern, wie den Stadt-, Gemeinde- oder Fahrbüchereien vor Ort profitieren.“ (Landesstrategie, S. 10)

Und für den Bereich der non-formalen Bildung werden Büchereien als die „am besten in der Breite und Fläche aufgestellten am häufigsten besuchten Kulturinstitutionen“ hervorgehoben.

Gewürdigt wird in diesem Zusammenhang auch, wie Bibliotheken „immer wieder bewiesen haben, dass sie sich aktuell auf Querschnittsthemen einstellen können, insbesondere durch die bewährte Zusammenarbeit der beiden Dachverbände, dem Landesverband der Volkshochschulen Schleswig-Holsteins e.V. und dem Büchereiverein Schleswig-Holstein e.V., der 2020 NUN-zertifiziert wird und entsprechende Handlungsanleitungen und Orientierungshilfen für Bildungspartnerschaften anbietet. Beide Dachverbände haben auch ein umfangreiches Fortbildungsprogramm für die Mitarbeitenden und setzen sich bei den kommunalen Trägern dafür ein, Qualifikationen zu BNE-Themen als berufliche Weiterbildung zu erwirken. Einzelne Bibliotheken begreifen sich schon jetzt als „grüne Bibliotheken“ und beteiligen sich am bundesweiten „Netzwerk grüne Bibliothek“. Für Kindergärten und Schulen hat der Büchereiverein das Projekt „Das weiße Blatt“ initiiert, um Kinder zum Nachdenken über die Zukunft anzuregen. Konkret sollen Kinder im Vor- und Grundschulalter in einen lebendigen und kreativen Austausch zu den Zielen der Agenda 2030 kommen. Weitere, auch mehrsprachige Medienangebote zu den Fragen der Kinder tragen seither zu einer vielfältigen kreativen Weiterarbeit an vielen Orten bei. In den Fahrbüchereien sind darüber hinaus mobile Saatgutbibliotheken geplant.“ (Landesstrategie, S.38)

Benannt werden also ganz konkrete Projekte und Maßnahmen, die mit Bibliotheken bereits erfolgreich verwirklicht worden sind und Ansätze – wie etwa die NUN-Zertifizierung – mit denen eine dauerhafte Weiterentwicklung in diese Richtung zu erwarten ist.

Was würden Sie anderen Akteuren wie Fachstellen, Bibliotheksverbänden oder Bibliotheken raten, damit auch sie die Nachhaltigkeitsstrategien auf Landes- oder Kommunalebene aktiv mitgestalten können?

Brandt: Am Anfang eines solchen Prozesses steht eine aktive Entscheidung seitens der Bibliothek, sich in diesem Bereich praktisch und dauerhaft zu engagieren und dabei immer auch über den eigenen Arbeitsbereich hinauszudenken.

Wenn mich also Akteure aus dem Bibliotheksbereich fragen, was sie „mitbringen“ müssten, um sich aktiv an solchen strategischen Prozessen zu beteiligen, dann würde ich empfehlen:

  1. eine ausgeprägte Bereitschaft, gemeinsame Anliegen und Ziele mit anderen BNE- Engagierten zu diskutieren, zu konkretisieren und interdisziplinär zu entwickeln,
  2. eine selbstkritische Haltung im Sinne von „Ich will nicht so bleiben wie ich bin“ – und eine Vision davon, was sich in Richtung Nachhaltigkeit verändern ließe,
  3. Freude daran, andere Engagierte im Austausch intensiver kennenzulernen und sich selbst auf einen mehrjährigen Lernprozess einzulassen,
  4. die Offenheit, in größeren Zusammenhängen zu denken, auch mal von der eigenen Institution abzusehen und immer wieder die Perspektive zu wechseln,
  5. die Motivation, mit den eigenen Stärken und konkreten Vorhaben initiativ zu werden und Ideen innovativ weiterzudenken.

Das Interview führte Lisa Rohwedder, Referentin für Kommunikation und Digitale Medien beim dbv sowie Projektkoordinatorin „Bibliotheksportal“.

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