Web 2.0-Anwendungen und Social Media Marketing für Bibliotheken

Web 2.0-Anwendungen in Bibliotheken

Immer mehr Bibliotheken beschäftigen sich mit dem Thema Web2.0 und beginnen, verschiedene Anwendungen für ihren Arbeitsalltag und die berufliche Fachkommunikation auszuprobieren und zu nutzen.

Das erste bibliothekarische Weblog „Netbib“ existiert bereits seit 2001 und verzeichnet weit über 20.000 Einträge. Im Februar 2013 werden im Aggregator „Planet Biblioblog“ Beiträge aus über 100 deutschsprachigen Weblogs mit Bibliotheks- und Archivbezug zusammengefasst dargestellt.

Im Liswiki werden Anfang 2013 80 Bibliothekare und Bibliothekarinnen sowie fast 50 Bibliotheken und bibliothekarische Einrichtungen mit Twitter-Account aufgeführt.

Ein Teil der bibliothekarischen Community tritt schon seit geraumer Zeit mit Nachdruck für die intensive Verbreitung und Nutzung von Social Media Anwendungen in der Fachwelt ein, so z.B. die Zukunftswerkstatt.

In dieser Themenrubrik werden ausgewählte Social Media Instrumente, die Anwendung in Bibliotheken finden können sowie Projekte, die bereits in Bibliotheken realisiert sind, vorgestellt.

Social Media Marketing für Bibliotheken

Für Bibliotheken können Social Media Anwendungen gerade auch für das Marketing eine wichtige Rolle spielen. Der Begriff „Social Media Marketing“ bezeichnet die Nutzung von sozialen Netzwerken als Marketing-Instrument und wird im Rahmen des operativen Marketings der Kommunikationspolitik zugeordnet. Im Gegensatz zu traditionellen Kommunikationskanälen der Kommunikationspolitik bieten soziale Netzwerke die Möglichkeit, aktiv in den Dialog miteinzubinden.

Das Ziel von Social Media-Marketing ist es, geeignete Online-Plattformen bzw. Social Media-Instrumente für die eigene Einrichtung auszuwählen und diese wirkungsvoll in das Marketing-Konzept einzubinden. [1]

Social Media bietet viele Chancen für Bibliotheken, daher sollten diese die zunehmende Bedeutung von sozialen Netzwerken wahrnehmen und eine Social Media-Strategie im Rahmen ihrer Kommunikationspolitik erarbeiten und umsetzen. Für den Einsatz von Socia Media-Marketing in Bibliotheken sprechen folgende Argumente: [2]

  • Netzwerkaufbau und Neukundengewinnung: Parallel zur persönlichen Kontaktpflege kann die Pflege eines umfangreichen Online-Netzwerks mit Kunden, Partnern und Entscheidungsträgern betrieben werden. Die große Reichweite der sozialen Netzwerke und Multiplikatoreneffekte innerhalb der Community, ermöglichen zudem eine Erweiterung des eigenen Nutzerkreises.
  • Transparenz bibliothekarischer Arbeit: Durch den direkten Austausch von aktuellen Informationen, Projektfortschritten, Änderungen und Neuerungen, wird die Transparenz der eigenen Bibliothek gegenüber den Kunden, Partnern und Entscheidungsträgern erhöht. Zusätzlich entstehen Kanäle für Geschichten aus dem Bibliotheksalltag, die die Kundenbindung stärken können.
  • Direkte und offene Kommunikation: Social Media Kanäle fördern den Kommunikationsaustausch zwischen der Bibliothek, den Kunden und Partnern, da sie eine gezielte Ansprache ermöglichen. Ein weiterer Einsatzbereich von Social Media-Kanälen ist Krisenkommunikation. Die Veröffentlichung von Meldungen in sozialen Netzwerken ermöglicht es Bibliotheken, über Probleme, mögliche Hindernisse oder Verzögerungen, die auf die Nutzer zukommen könnten, frühzeitig zu informieren.
  • Marktforschung und Feedbackmanagement: Die Beobachtung von Aktivitäten innerhalb der Social Media-Plattformen ermöglicht es, Kundenfeedback auszuwerten und für das eigene Feedback-Management zu nutzen, um die Qualität der Dienstleistungen zu optimieren.
  • Imageprofilierung: Durch den Einsatz von sozialen Netzwerken im Rahmen der Kommunikationspolitik, können sich Bibliotheken zum einen als moderne Informationsdienstleister profilieren und zum anderen die Bibliotheksnutzer dort abholen wo diese sich aufhalten.

Community-Management

Eine Community stellt eine Gruppe von Personen dar, die gemeinsame Ziele oder Interessen besitzen und innerhalb eines sozialen Netzwerkes interagieren. Das Community-Management bezeichnet die gesamte Kommunikation von Unternehmen in sozialen Netzwerken im Rahmen der Kommunikationsstrategie.

Ausgehend davon, dass die Einführung von Social Media-Marketing als Projekt innerhalb der Marketingstrategie der Bibliothek verstanden werden kann, zählen die elementaren Aspekte des Projektmanagements – Planung, Organisation, Durchführung sowie die Kontrolle und Analyse – zu den Bestandteilen des Community-Managements.

  • Zielsetzung und Strategie:
    Für einen erfolgreichen Start müssen klare Ziele für das Social Media Marketing festgelegt werden, die in die Kommunikationsstrategie der Bibliothek eingebunden werden müssen.
    Die zentralen Fragen dabei lauten: Was soll mit Social Media Kommunikation erreicht werden?  Wie sollen diese Ziele erreicht werden? Die Ziele und die Strategie müssen in Abhängigkeit von dem Profil, der Zielgruppe sowie den verfügbaren Ressourcen der Einrichtung beschrieben werden.
  • Zielgruppensegmentierung und Auswahl der Social Media-Instrumente:
    Bibliotheken müssen und können nicht alle Social Media-Instrumente innerhalb ihrer Kommunikationsstrategie nutzen und nicht alle Social Media-Instrumente eignen sich für alle Einrichtungen. Daher ist es wichtig, die jeweiligen Schwerpunkte und Zielgruppen der Plattformen im Zusammenhang mit der Zielgruppe der Bibliothek zu betrachten. [3] Dadurch wird sichergestellt, dass das Social Media-Angebot der Bibliothek die eigenen Zielgruppen und ihre Bedürfnisse nicht verfehlt. [4]
    Einen Überblick über die verschiedenen Zielgruppen der einzelnen Social Media-Plattformen in Deutschland bietet der „Social Media Planner“ der Online-Marketing und PR- Agentur INPROMO.
  • Content-Strategie und Kommunikationsrichtlinien:
    Zur Betreuung der Plattformen eignet sich die Festlegung einer Content-Strategie, beziehungsweise eines langfristig angelegten inhaltlichen Konzeptes. In einem Redaktionsplan können die Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Meldungen sowie Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Der Redaktionsplan regelt auch den Zugriff auf die Quellen, aus denen Informationen für die Plattformen gewonnen werden. Richtlinien für Mitarbeiter, aus denen hervorgeht, welche Inhalte über welche Plattformen verbreitet werden können, sind ebenfalls hilfreich für eine erfolgversprechende Social Media-Kommunikation. [5] Darüber hinaus sollte sich auf einen einheitlichen Sprachstil (wording) verständigt werden, um dem Social Media-Profil eine „eigene Persönlichkeit“ zu verleihen, Authentizität zu schaffen, den Austausch zu fördern und das Vertrauen der Kunden zu erhöhen [6]
  • Mitarbeiter und interne Vernetzung:
    Die Betreuung von Social Media-Plattformen stellt eine neue Herausforderung für die Markenkommunikation von Bibliotheken dar. Neben der täglichen Arbeit ist es eine Herausforderung, Plattformen wie Facebook, Twitter oder Flickr zu betreuen. Sollten die Ressourcen es erlauben, ist es – abhängig von der Bibliotheksgröße – sinnvoll, eine eigene Stelle für Social Media-Marketing einzurichten, um eine langfristige, professionelle und kontinuierliche Pflege der Social Media-Plattformen sicherzustellen. [7]
    Dieser Community-Manager ist für die Analyse, Pflege und Beobachtung der Social Media-Kanäle zuständig. Die Verantwortung für das Social Media-Marketing muss dagegen nicht bei einer einzigen Person liegen. Engagierte und kreative Mitarbeiter aus anderen Abteilungen können und sollten in das Social Media-Marketing eingebunden werden. In jedem Fall aber ist es notwendig, einen verantwortlichen Ansprechpartner zu benennen, der als Experte für Fragen bereitsteht [8]

    Die Mitarbeit am Social Media-Marketing der Bibliothek sollte mit Schulungen und Informationsveranstaltungen starten und weiter begleitet werden, um die notwendigen Kenntnisse zu den Plattformen sowie die Bedeutung des Social Media-Marketings zu vermitteln. Für das Community-Management ist eine interne Vernetzung wichtig, denn viele Beiträge basieren auf den Eingaben der Mitarbeiter verschiedener Abteilungen, die sich mit Meldungen, interessanten Nachrichten und Ideen an dem inhaltlichen Angebot der Plattformen beteiligen können. [9]

Es wird davon abgeraten, Social Media-Kanäle von befristet angestellten Mitarbeitern oder Praktikanten betreuen zu lassen. Zu beachten ist dabei, dass die einzelnen Social Media Beiträge die Reichweite und Relevanz einer Pressemitteilung haben und kontinuierlich gepflegt werden müssen. Zudem ist es bei einem häufigen Wechsel der Redakteure  nicht gewährleistet, dass Vertrauen und Authentizität innerhalb der Community entwickelt werden kann. [10]

Bei der Social Media-Kommunikation sollten die jeweiligen Schwerpunkte sowie ‚Do’s & Don’ts’ der einzelnen sozialen Netzwerke beachtet werden. Auch die Verzahnung der Social Media-Aktivitäten in verschiedenen sozialen Netzwerken ist relevant. Dabei ist das Community Management in die Kommunikationsstrategie der Bibliothek einzubinden. [11]

Die regelmäßige Beobachtung und Protokollierung sowohl von Nutzerreaktionen als auch der eigenen Kommunikation und Interaktion dient zur Überprüfung der im voraus definierten Ziele und kann die Notwendigkeit einer Strategieänderung, beispielsweise der Anpassung der Inhalte auf die Bedürfnisse der Zielgruppe, aufzeigen. [12]

Innerhalb von sozialen Netzwerken wird die systematische und kontinuierliche Überwachung und Analyse von Beiträgen und Dialogen als Social Media-Monitoring bezeichnet.

Social Media-Monitoring sollte sowohl zur Marktanalyse genutzt werden als auch zur Evaluation der Zielerreichung und eigenen Tätigkeiten, indem unmittelbar Meinungen, Kritik und Anregungen zur eigenen Einrichtung und den angebotenen Dienstleistungen erfasst werden. Durch die Auswertung von Kommentaren und Bewertungen lassen sich zentrale Interessen und Bedürfnisse der Bibliothekskunden ermitteln, wodurch sich das Beschwerdemanagement verbessern und die Kundenzufriedenheit erhöhen lässt. [13]

Um Social Media-Monitoring zu betreiben, stehen sowohl kostenlose als auch kostenpflichtige Werkzeuge im Internet zur Verfügung, die als ‚Monitoring-Tools’ bezeichnet werden. Einige Social Media-Anbieter stellen selbst Lösungen bereit, mit denen sich die Aktivitäten innerhalb der jeweiligen Plattformen auswerten lassen. Dazu zählen u.a. YouTube Insight für die Analyse von You Tube-Kanälen sowie Facebook Insights für die Analyse von Facebook-Fanpages. Inzwischen werden zahlreiche Tools für das Monitoring von Schlagwörtern, Themen und Interaktionen in sozialen Netzwerken von externen Dienstleistern angeboten. Ein solches kostenfreies Monitoring-Tool ist z.B. Social Mention. Damit lassen sich Erwähnungen einzelner Marken und Dienstleistungen in über 100 verschiedenen Netzwerken und Kanälen finden. Das Instrument ermittelt zudem die Reichweite eines eingegebenen Stichwortes sowie das Verhältnis zwischen positiven und negativen Kommentaren. Kostenpflichtige Monitoring-Programme ermöglichen detailliertere Analysen von Marken, Wettbewerbern, Produkten und Services. Beispiele sind Brandwatch, Meltwater, Radian6 oder Visible Intelligence.

Literatur, Links und Selbstlern-Kurse

Online Selbstlernkurse

Seit dem großen Erfolg des Online-Kurses von Helene Blowers „Learning 2.0„, in dem Web2.0-Tools für Bibliothekare aufbereitet wurden, wurden auch in Deutschland in Anlehung an Helene Blowers Online-Tutorials erstellt.

  • Lernen 2.0“ (das erste deutsche Online-Tutorial, 2008)
    Selbstlernkurs zum Thema Web2.0 in Bibliotheken, deutsche Übersetzung des Originals „Learning 2.0“ von Helene Blowers
     
  • 13 Dinge (überarbeitete Fassung von „Lernen 2.0“, 2009)
    Online-Selbstlernkurs für BibliotheksmitarbeiterInnen zu Web2.0-Techniken. Anpassung des „Lernen 2.0“ an deutsche Verhältnisse
    (Christian Hauschke und Edlef Stabenau)
     
  • Bibliothek 2.009 (weitere überarbeitete Fassung, Ende 2009)
    Bibliothek 2.009 ist ein Online-Lernprogramm, das BibliotheksmitarbeiterInnen ermuntern soll, mehr über die Techniken des Internets zu lernen, die die Art verändern, in der Menschen, die Gesellschaft und Bibliotheken Zugriff auf Informationen haben und miteinander kommunizieren.
    (Christian Hauschke und Edlef Stabenau)

Im Beitrag verwendete Literatur

  • Bergmann, Julia; Danowski, Patrick (Hrsg.): Handbuch Bibliothek 2.0. Berlin [u.a.]: De Gruyter Saur, 2010
     
  • Trapp, Markus: Markenkommunikation im Web 2.0. In: Georgy, Ursula; Schade, Frauke (Hrsg.): Praxishandbuch Bibliotheks- und Informationsmarketing. München: De Gruyter Saur, 2012
     
  • Vatter, Andre: Tipps für den Einstieg ins Social Web. In: BUB 64 (2012), Nr. 4, S. 278-279
     
  • Weinberg, Tamar: Social Media Marketing. Strategien für Twitter, Facebook & Co. 1.Aufl. Beijing [u.a] : O’Reilly, 2010

Fußnoten

Redaktion und Kontakt
Text
Nicole Hügel, Joanna Boruch in Kooperation mit Prof. Frauke Schade (HAW Hamburg)
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